Bewerbung & Interview

Perspektivwechsel erwünscht – auch im Bewerbungsprozess

Perspektivwechsel, Quelle: unsplash/pixabay.com
Geschrieben von Claudia Fuhrmann

Wir sind überall (Teil 2)

Das Internet und seine Muster-Vorgaben

Leistungen, Gefühle, ganze Lebensverläufe werden immer mehr durch digitale Vorgaben aus dem Internet bestimmt. Wir rufen sie wie fixe Muster-Informationen ab. So wird alles Zufällige kalkulierbar und – wie uns das Internet vorgibt – auch verwertbar. Maschinen geben uns Informationen, die unser Tun und Denken vorgeben und lenken. Sie geben uns jedoch auch das Gefühl, dass es immer noch mehr Informationen gibt, die wir dringend verinnerlichen und nach deren Vorgaben wir uns richten müssen.

Das damit erzeugte Gefühl, unvollständig informiert zu sein, erzeugt in uns eine gewisse Unsicherheit. Soll ich nach weiteren Informationen recherchieren, auf Neuigkeiten, aktuellere Nachrichten warten, noch mehr Instruktionen befolgen? Immer mehr verlassen wir uns auf vorgegebene Muster, wir reagieren nicht mehr spontan und intuitiv und sind so nicht mehr in der Lage, in Gesprächen einfach die Perspektive zu wechseln. Richtig und relevant sind die Vorgaben des Netzes.

„Der Vermenschlichung der Maschinen entspricht die Computerisierung des Menschen. [… ] oft (erteilt) ein Rechner und nicht mehr ein Mensch die Anweisung für den nächsten Schachzug[… ]“ (Frank Schirrmacher, Payback, 2009, S. 90f)

Bewerbungen – stereotyp, lückenhaft, unvollständig

Auffallend ist dies u.a. für den relativ kleinen – aber nicht unwichtigen – Lebensbereich der Bewerbungsphase um eine Lehrstelle, ein Praktikum oder einen Job. Hier geht es um die Selbstvermarktung der eigenen Person. Doch leider hält man sich hier viel zu oft an die Vorgaben des Internets, welches einen Fachkräftemangel vorgibt und damit die Vorstellung generiert, dass die Unternehmen auf die Bewerber warten.

Bewerbungen mit stereotypen Anschreiben, lückenhaften Lebensläufen und unvollständigen Ausbildungsnachweisen erreichen Unternehmen fast täglich. Bewerbungsanschreiben, die auf fast jede Stelle passen, sind Ausdruck dessen, dass sich der Bewerber inhaltlich nicht auf sich selbst verlassen hat, sondern vielmehr auf vorgegebene Strukturen von außen.

Man verlässt sich auf statistische Vorhersagen und konzentriert sich nicht darauf, was einen selbst ausmacht. Wünschenswert ist, dass Bewerber wieder mehr Motivation und Mut aufbringen, einfach mal die Blickrichtung, die Perspektive zu ändern. Egal, ob man dabei alle Informationen berücksichtigt hat, die verfügbar sind.

Leider beherzigen das zu wenige Bewerber. Kreativität, Individualität, Enthusiasmus drücken einen Menschen aus, der bereit ist, mal gegen den Strom zu schwimmen und etwas zu wagen, um so auf sich aufmerksam zu machen und sich von der Masse abzuheben. Neu denken, eigene Annahmen in Frage stellen, Vorgaben des Internets nicht ungefiltert übernehmen – nur so wird man fast automatisch mit einer anderen Perspektive konfrontiert. Dabei sind Ungewissheiten inklusive. Sie können nie abgeschaltet werden, sondern sind als Voraussetzung der eigenen Freiheit zu begreifen.

Wichtig sind dabei Begriffe wie Selbsterprobung und Emanzipation von den Bevormundungen durch die Medien. Das bedeutet jedoch nicht, die Informationen aus dem Netz völlig zu ignorieren. Das Netz liefert Inputs, sorgt für Vernetzung und kann mit der Vorgabe eines Handlungsrahmens den Gesamtprozess unterstützen. Doch reicht dieser oftmals nicht aus. Um das gewünschte Ziel zu erreichen, muss auch schon einmal ein Ansatz außerhalb des Rahmens gefunden werden.

Perspektivwechsel beim Bewerbungsprozess

Perspektivwechsel bedeutet, sich auf seine individuellen Persönlichkeitsaspekte zu konzentrieren. Motiv- und typgerechte Anschreiben haben wesentlich höhere Chancen auf Erfolg, als stereotype Niederschriften. Man darf sich nicht auf Pressemitteilungen oder Headlines im Internet verlassen, die permanent darauf hinweisen, dass Deutschland zu wenige Fachkräfte hat und jeder halbwegs gut ausgebildete Mensch mit „Kusshand“ eingestellt wird.

Vielmehr müssen Bewerber hinterfragen, was ihre Motive sind, die sie dazu bewegen, sich auf eine Stelle zu bewerben. Passen meine Überzeugungen und Sichtweisen auf die Inhalte der Tätigkeit, in die Unternehmenskultur? Welches Ergebnis bzw. Ziel strebe ich an? Deswegen sollte man in gewissen Situationen gedanklich einen Schritt nach rechts oder links gehen, um ein Vorhaben aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, einem Blickwinkel, in dem man sich wiederfindet, sich wohlfühlt und nicht eine Sichtweise einnehmen, die eine Maschine vorgegeben hat.

„Menschen können „geweckt“ werden, sie reagieren, wenn sie mit einer anderen Perspektive konfrontiert werden.“ (Frank Schirrmacher, Payback, 2009, S. 182)

Denn ein Perspektivwechsel ändert den Blick auf das Problem, auf ein Vorhaben und liefert Anregungen und Ideen, auf die man ohne Sichtwechsel nicht oder erst nach längerer Zeit gekommen wäre.

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Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.