Arbeitsrecht

Arbeitsrecht (37): Die Regelungen zum Mindestlohn

Quelle: Andreas Hermsdorf/pixelio.de
Geschrieben von Dana Lipka

Im Januar kommt er – der Mindestlohn für alle. Egal ob man nun dafür oder dagegen ist, man kommt nicht drumherum sich mit dem Thema näher zu beschäftigen. Aus diesem aktuellen Anlass heute eine kleine Zusammenfassung zum Thema mit den wichtigsten Regelungen.

1. Anwendungsbereich

Geregelt ist der Mindestlohn im Mindestlohngesetz (MiLoG). Dieses Gesetz findet grundsätzlich auf alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung, die im Bundesgebiet beschäftigt sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber im In- oder Ausland seinen Sitz hat. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, das heißt bestimmte Gruppen zählen nicht als Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG  und unterfallen damit nicht dem Mindestlohn.

a) Praktikanten

Grundsätzlich muss auch Praktikanten im Sinne des Bundesbildungsgesetzes (BBiG) der Mindestlohn gezahlt werden, es sei denn eine der folgenden Ausnahmen findet Anwendung:

  • Pflichtpraktikum im Rahmen der schulischen Ausbildung oder Hochschulausbildung
  • Orientierungspraktikum zur Orientierung für die Berufsausbildung oder Studium (bis zu 3 Monate)
  • freiwilliges Praktikum begleitend zur Berufs- oder Hochschulausbildung (Bis zu 3 Monate)
  • Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III
  • Berufsausbildungsvorbereitung gemäß §§ 68 – 70 BBiG

Wichtig zu wissen ist, dass bei Überschreitung der oben genannten 3-Monatsfrist der Mindestlohn ab dem ersten Tag gezahlt werden muss.

b) weitere Sonderfälle

Kinder bis (15 Jahre) und Jugendliche (von 15 bis 18 Jahre) ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind vom MiLoG ausgeschlossen. Der Gesetzgeber möchte hier verhindern, dass für Jugendliche eine ungelernte Tätigkeit attraktiver ist als eine Berufsausbildung.

Vom Mindestlohn ausgeschlossen sind ebenfalls Auszubildende, das heißt, Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Personen, die unmittelbar vor ihrer Beschäftigung langzeitarbeitslos waren (ein Jahr und länger), muss in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung ebenfalls kein Mindestlohn gezahlt werden.

c) temporäre Sonderfälle

Bis zum 31.12.2017 gehen die Regelungen in abweichenden Tarifverträge dem MiLoG vor, wenn sie als allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Gleiches gilt für alle Mindestlöhne auf Grundlage des Arbeitnehmerentsendungsgesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Eine Übergangsregelung gibt es für Zeitungszusteller. Diese erhalten ab dem 01.01.2015 75%, ab dem 01.01.2016 85% und ab dem 01.01.2017 100% vom gesetzlichen Mindestlohn. Ob diese Ausnahme mit der Begründung „Gewährleistung einer funktionierenden Pressefreiheit“ wirklich notwendig ist, soll hier mal unkommentiert bleiben.

Eine weitere Sonderregelung findet sich im MiLoG bei den grundsätzlich unter den Mindestlohn fallenden Saisonarbeitern. Diese können genau wie geringfügig Beschäftigte versicherungsfrei beschäftigt werden, wenn die Tätigkeit nicht länger als drei Monate oder 70 Tage im Jahr ausgeübt wird. Diese Regelung tritt jedoch am 31.12.2018 außer Kraft.

2. Höhe und Berechnung

Jeder Arbeitnehmer/in hat ab dem 01.01.2015 einen Anspruch auf 8,50 € brutto je Zeitstunde. Eine Zeitstunde, in diesem Sinne, ist jede Stunde, die für das konkrete Arbeitsverhältnis als Arbeitszeit gilt. Außerdem gilt neben den Regelungen in den Arbeits- und Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen natürlich auch das Arbeitszeitgesetz.

Im MiLoG ist nicht geregelt, welche einzelnen Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts ist eine Anrechnung dann möglich, wenn sich dadurch das Verhältnis zwischen Arbeitsleistung und Vergütung nicht verändert. Was heißt das aber nun im Einzelnen?

a) Zuschläge

Bei Zuschlägen handelt es sich um Vergütungsbestandteile für zusätzliche Leistungen. Zum Beispiel Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschläge, Schichtzulagen oder Überstundenzuschläge. Diese können  nicht dem Mindestlohn zugerechnet werden, da damit ein Mehr an Arbeit oder besondere Bedingungen (Gefahren- oder Schmutzzulage) vergütet werden sollen.

b) Sachbezüge, Sonderzahlungen

Angerechnet werden dürfen solche Vergütungsbestandteile, die als direkten Gegenwert für die normale Arbeitsleistung gezahlt werden. Beispiele dafür sind:

  • Als Äquivalent gewährte Kost und Logis, Werkswohnungen, Fahrtgeld
  • Urlaubs- und Weihnachtsgeld nur dann, wenn es innerhalb der Fälligkeit des Mindestlohnes anteilig unwiderruflich tatsächlich gezahlt wird
  • Gratifikationen, Boni, Tantieme u.ä., wenn damit nur die eigentliche Arbeitsleistung honoriert wird und die Auszahlung innerhalb der Fälligkeit des Mindestlohnes erfolgt
  • bei Provisionen und Zielvereinbarungen mit längeren Zeitintervallen muss ungeachtet dessen monatlich der Mindestlohn gezahlt werden

Wichtig ist, dass in jedem dieser Fälle keine Anrechnung auf den Mindestlohn erfolgen darf, wenn die Zahlung unter einem Rückforderungsvorbehalt steht, das heißt zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber die Zahlung zurückfordern kann, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen bis zu einem bestimmten Stichtag verlässt.

c) Stück- und Akkordlohn

Eine Anrechnung ist möglich, wenn eine Umrechnung auf Zeitlohn möglich ist, ansonsten muss auf Zeitlohn umgestellt werden.

d) Minijobs

Der Mindestlohn in Höhe von erst einmal 8,50 € gilt auf für geringfügig Beschäftigte. Die Minijobgrenze bleibt jedoch bei 450,00 € im Monat. Aus diesem Grund muss hier geprüft werden ob die Arbeitsstunden herabgesetzt werden müssen, um nicht in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu rutschen.

3. Fälligkeit

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Mindestlohn wie vereinbart, spätestens jedoch am letzten Bankarbeitstag des Monats zu zahlen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Also muss zum Beispiel der Lohn für Oktober spätestens am letzten Bankarbeitstag des Novembers gezahlt werden.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden Arbeitszeitkonten, auf welchem Überstunden eingestellt werden können. In diesem Fall müssen die eingestellten Mehrarbeitsstunden innerhalb von 12 Monaten nach ihrer Erfassung durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohnes ausgeglichen werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Anspruch auf Mindestlohn nicht schon durch die monatlichen Zahlungen erfüllt ist. Wenn ein Arbeitnehmer monatlich soviel verdient hat, das selbst bei Hinzurechnung der angefallenen Überstunden in diesem Monat die Mindestlohngrenze eingehalten wurde.

Der Anspruch auf Mindestlohn ist ab dem 01.01.2015 unabdingbar, das heißt Vereinbarungen, die den Anspruch beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Ein Verzicht ist nur in Form eines gerichtlichen Vergleichs möglich.

Auch die Verwirkung des Anspruchs auf Mindestlohn ist ausgeschlossen. Die oftmals in Arbeitsverträgen zu findenden Ausschlussfristen sind nicht auf den Anspruch auf Mindestlohn anwendbar. Hier sollte über eine entsprechende Ergänzung nachgedacht werden, da sonst das Risiko besteht, dass die gesamte Regelung unwirksam sein könnte.

4. Dokumentation und Meldepflichten

Bei der Beschäftigung bestimmter Arbeitnehmer im Mindestlohnbereich bestehen umfangreiche Dokumentations- und Meldepflichten.

Insbesondere betrifft dies geringfügig Beschäftigte und Arbeitnehmer in den Bereichen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes. Dazu zählen die folgenden Bereiche:

  • Baugewerbe
  • Gaststätten, Beherbergung, Personenbeförderung
  • Spedition-, Transport-, Logistikgewerbe
  • Schausteller
  • Forstwirtschaft
  • Gebäudereiniger
  • Fleischwirtschaft
  • Messeaufbau

Die Dokumentation muss den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit enthalten. Sie muss innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Verantwortlich ist der Arbeitgeber und der Entleiher. Diese können die Pflicht zur Dokumentation aber auch auf Dritte – auch auf den Arbeitnehmer -übertragen. Dann haben sie jedoch eine umfassende Kontrollpflicht. Außerdem müssen diese Dokumentationen sowie die Nachweise und Belege der Zahlung des Mindestlohnes einschließlich dessen Zusammensetzung in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung, maximal 2 Jahre, aufbewahrt werden. Die Zollbehörde kann die Aufbewahrung am Ort der Beschäftigung verlangen.

5. Verstöße gegen das MiLoG

Für die Kontrolle der Durchsetzung des MiLoG ist die Zollverwaltung zuständig. Diese untersteht bezüglich der Rechts- und Fachaufsicht der Bundesfinanzdirektion. Die Zollverwaltung ist mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet. Sie hat ein Einsichtsrecht in alle Unterlagen. Außerdem kann sie jederzeit verdachts- und anlasslose Kontrollen durchführen.

Werden vorsätzlich oder fahrlässig Verstöße gegen das MiLoG festgestellt, können Bußgelder auferlegt werden. Mit bis zu 30.000 € Bußgeld sind folgende Verstöße bewährt:

  • Störung des Kontroll- und Prüfverfahrens durch fehlende Mitwirkung
  • Nichtgewährung des Zutritts zum Geschäft/Grundstück
  • Fehlende oder fehlerhafte Datenübermittlung
  • fehlende oder fehlerhafte Anmeldung, Änderungsmeldung, Aufzeichnung
  • Verstoß gegen Aufbewahrungspflicht

Bei Nichtzahlung des Mindestlohnes oder Beauftragung eines Unternehmers, der wissentlich Mindestlohn nicht zahlt, kann ein Bußgeld bis zu 500.000 € gefordert werden.

Wer ein Bußgeld von wenigstens 2.500 € auferlegt bekommen hat, wird für eine angemessene Zeit bis zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen. Öffentliche Auftraggeber haben zusätzlich die Pflicht, sich ab einem Auftragswert ab 30.000 € eine Gewerbezentralregisterauskunft einzuholen.

6. Fazit

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohn wird wohl für einige Branchen ein schweres Stück Arbeit, wenn man bedenkt, was alles beachtet werden muss. Für die betroffenen Arbeitnehmer ist es bestimmt, gut angemessen bezahlt zu werden. Ob es wirtschaftspolitisch sinnvoll ist, wird sich zeigen.

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.