Arbeitsrecht

Arbeitsrecht (4): Alkoholtest und Drogenscreening

Mohnkuchen_Karl-Heinz Liebisch_pixelio.de

Mohnkuchen kann zu einem positiven Drogentest führen (Quelle: Karl-Heinz Liebisch; pixelio.de)

Sehr geehrte Frau Schulze,

hiermit möchten wir Sie zu einem persönlichen Gespräch einladen. Bitte erscheinen Sie am 17.04.2013 um 10.30 Uhr in unseren Praxisräumen. Kommen Sie bitte nüchtern, da nach dem Gespräch eine betriebsärztliche Einstellungsuntersuchung stattfinden wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Kosmetikstudio

Beautyful Wonderland“

Chantal hat es geschafft. Endlich ein Vorstellungsgespräch. Pünktlich um 10.30 Uhr steht sie geschniegelt und gebügelt im Foyer des Kosmetikstudios und staunt nicht schlecht. Das wäre ein Arbeitsplatz ganz nach ihrem Geschmack. Luxuriös und gemütlich. Auf das Vorstellungsgespräch hat sie sich gut vorbereitet und auch vor der Einstellungsuntersuchung hat sie keine Angst. Zur Zeit plagt sie nicht einmal ein kleiner Schnupfen. Also was sollte passieren.

So war es dann auch. Das Vorstellungsgespräch lief prima. Ihre vielleicht zukünftige Chefin war sehr nett. Chantal konnte mit ihren Zusatzqualifikationen als Permanent – Makeup Artist  und Visagistin punkten. Jetzt noch die Einstellungsuntersuchung. Der Betriebsarzt hat den Blutdruck gemessen, den allgemeinen Gesundheitszustand geprüft und außerdem musste Chantal eine Urinprobe für das Drogenscreening abgeben. Soweit so gut.

In der Nacht wachte Chantal schweißgebadet auf! DROGENSCREENING??? Sollte der Traumjob durch drei Stückchen Mohnkuchen am Wochenende bei Tante Martha futsch sein? Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht.

Schlaflos wälzte sie sich den Rest der Nacht in ihrem Bett hin und her. Gleich früh am Morgen rief Chantal dann ihren Anwalt Dr. Redlich an.

In der Tat gibt es Berichte darüber, dass Menschen, die noch nie Drogen genommen hatten, wegen des Verzehrs großer Mengen Mohnkuchens oder Gebäcks einen positiven Test auf Opiate hatten. Aus diesem Grund ist es in deutschen Gefängnissen verboten Mohnkuchen zu essen.

Routinemäßig vorgenommene Einstellungsuntersuchungen auf Drogen- und Alkoholkonsum sind inzwischen weit verbreitet, obwohl es bis auf wenige Ausnahmen keine rechtliche Basis dafür gibt. Drogen- und Alkoholtests sind nur zulässig, wenn auch die Frage danach zulässig wäre; wenn also die vom Bewerber angestrebte Tätigkeit zwingend voraussetzt, dass dieser nicht alkohol- oder drogenabhängig  ist (z.B. Piloten, Lokführer, Busfahrer, Waffenträger).

Selbst in einem Fall, indem ein Drogen- oder Alkoholtest  ausnahmsweise zulässig ist, darf der Betriebsarzt dem Arbeitgeber das Ergebnis der Untersuchungen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Arbeitnehmers mitteilen. Ansonsten darf er dem Arbeitgeber nur mitteilen, ob der Arbeitnehmer tauglich ist oder eben nicht.

Einstellungsuntersuchungen mit Alkohol- oder Drogentest stellen einen Eingriff in das geschützte Persönlichkeitsrecht und die Unverletzlichkeit der Individualsphäre dar. Eine Blutentnahme berührt sogar das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Das Bundesarbeitsgericht sagt dazu folgendes:

„Das Verlangen der Einwilligung in eine Routineuntersuchung, die klären soll, ob Alkohol- oder Drogenabhängigkeit vorliegt, ist regelmäßig unzulässig. Zwar hat der Arbeitgeber ein an sich berechtigtes Interesse daran, nur solche Arbeitnehmer zu beschäftigen, die nicht aufgrund Alkohol- oder Drogenmissbrauchs im Betrieb eine Gefahr für sich oder andere darstellen. Das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht und das durch eine Blutentnahme betroffene Recht auf körperliche Unversehrtheit erfordern allerdings, dass ein Drogentest nur dann verlangt werden kann, wenn bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung eine ernsthafte Besorgnis begründet ist, dass eine Abhängigkeit des Arbeitnehmers vorliegt. (BAG-Urteil v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99)

Dies sollte bei einer Kosmetikerin regelmäßig nicht der Fall sein, so dass ein Drogenscreening hier unzulässig wäre. Der Bewerber hätte das Recht derartige Tests zu verweigern. Er muss jedoch damit rechnen, dann nicht eingestellt zu werden.  Schadenersatzansprüche sind praktisch nicht realisierbar und ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist auch nicht gegeben, da durch die Weigerung zum Drogentest gerade eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vermieden wurde.

Im Ergebnis ist ein Bewerber dem Arbeitgeber in einem solchen Fall hilflos ausgeliefert, solange es keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen gibt.

Unsere Chantal kann der Anwalt beruhigen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Mohnkuchen vom Wochenende zu einem positiven Drogentest führt.

„Für freilaufende Erwachsene ist es im Alltag höchst unpraktisch, sich mit Mohnbrötchen zu dopen. Um high zu werden bräuchte man etwa 70 Kilogramm. Und man hätte neben dem zweifelhaften Rausch auch noch ein ganz anderes Problem: Opiate führen zu brutaler Verstopfung! „ (Dr. Eckart von Hirschhausen)

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.