(Neue) Arbeitswelt

Mehr-Schein-als-Sein-Kollegen und der Umgang mit ihnen

Kollegen

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Dampfplauderer und Taugenichtse gibt es wohl in allen Metiers, in einigen mehr als in anderen. Damit muss man umgehen lernen, möchte man sich nicht permanent darüber ärgern oder seinen Job deswegen wechseln. Besonders gern tummeln sich solche Kollegen in den mittleren Etagen. Eine Kurzgeschichte von Martin Suter (findet Ihr weiter unten im Text) animierte mich dazu, das Thema aufzugreifen. Wie geht man mit diesen interessanten Kollegen um?

Zunächst einmal sollte man sich dessen bewusst sein, dass jeder Typ Mensch zu irgendeiner Art Tätigkeit in der Lage ist und es nur darum geht, dass man die für sich „richtige“ Arbeit und das passende Arbeitsumfeld findet. Menschen, die dampfplaudern und nichtstun können, sind an anderer Stelle also mit Sicherheit gut aufgehoben. Dies zu erkennen ist die Aufgabe des Einzelnen, unterstützen können oft nur engste Vertraute.

Fühlen wir uns von den erwähnten Kollegen verärgert, können folgende Maßnahmen helfen:

  • darüber nachdenken, inwieweit man selbst Teil des Problems ist
  • Kontakt vermeiden, so gut es geht
  • die eigene Reaktion managen: es ist erfolgversprechender, sich auf das eigene Verhalten zu fokussieren, weil man dieses kontrollieren kann
  • die Abneigung dem Kollegen gegenüber möglichst für sich behalten und nicht andere Kollegen damit „anstecken“

Sollten diese ersten Maßnahmen nicht helfen und man selbst in seiner Tätigkeit beeinträchtigt sein, sollte man Vorgesetzte daraufhin ansprechen, jedoch nur, wenn das hierfür notwendige Vertrauensverhältnis besteht. Weiterhin kann man:

  • Dem Kollegen eine Rückmeldung darüber geben, was einen stört: dabei sollte man sich darüber klar sein, dass eine Aussprache auch „nach hinten losgehen“ kann und der Konflikt eskaliert, weil der Betroffene sich persönlich angegriffen fühlt.
  • Transparenz einfordern z.B. durch das Stellen fachlicher Fragen oder Fragen über den Arbeitsfortschritt

Und hier nun die Kurzgeschichte oder: eine Anleitung zum Eindruck schinden und Nichtstun:

 Held der Arbeit, Schwegler

Schwegler ist wieder da. Das heißt, gesehen hat ihn noch niemand, aber laut Absenzenplan ist Schwegler wieder da. Sein BMW steht in der Tiefgarage, und seine nicht Sekretärin, sondern persönliche Assistentin hat gemeldet, dass schon, als sie am Morgen kam, sein Aschenbecher voll war, sechs halbleere Styroporbecher Kaffee herumstanden und sein leichter Baumwollkittel über der Lehne des Besucherstuhls hing. Wahrscheinlich hat er schon einen Sechsstünder hingelegt vor dem Frühstück. Typisch Schwegler. Jetzt ist er sicher irgendwo im Haus und lässt sich updaten, entschlossen, noch vor Mittag die zwei Wochen Ferien ungeschehen zu machen. Schwegler, der kapitale Achtzigstünder, ist wieder im Revier.

Kurz nach zehn hält ein Taxi hinter dem Haus. Schwegler, ausgeschlafen, gebräunt und ohne Kittel, betritt die Firma durch das Postbüro, in eine mitgebrachte Aktennotiz vertieft. Er steigt elastisch die menschenleere Treppe hinauf zum ersten Stock und wartet dort, konzentriert lesend, auf den Lift. So wird er von Frau Went, die sich mit dem neuen Mitarbeiter Weber auf einem Rundgang befindet, gesehen. „Direktor Schwegler. Achtzigstundenwoche“, flüstert sie, und dem Neuen wird etwas unbehaglich. Im Vierten steigt eine Mitarbeiterin zu, grüßt erschrocken und drückt verlegen auf „5.Stock, Rechnungswesen und Finanz“. Ein Stockwerk nur. Schwegler schaut irritiert von seiner Lektüre auf. 22 seiner Sekunden a Fr.II.- ist sie seinem vorwurfsvollen Schweigen ausgeliefert.

Im Vorzimmer begrüßt ihn die persönliche Assistentin. „Schön, dass Sie wieder da sind, wie waren die Ferien?“ „Die Ferien?. Ach so, ja, die Ferien, doch, doch.“ Dann zieht er sich in sein Büro zurück. „Keine Störung bis Mittag.“ Er setzt sich in seinen bequemen Sessel, schließt eine Schublade auf und nimmt die Zeitschrift heraus, in der er gestern las, nachdem er sich, wie jeden Sonntag, von der Familie abgesetzt hatte, um im Büro Spuren für den Montagmorgen zu legen: Zigarettenstummel, Kaffeebecher, Kittel über der Stuhllehne, Auto in der Tiefgarage.

Um elf Uhr konsultiert er sein TimeSystem, Kapitel „Lokale“, und entscheidet sich (nach zwei Wochen Meeresfrüchten) für eine Landbeiz mit Schweizer Butterküche und einem unverkrampften Verhältnis zu Innereien. Er lässt sich „einen ruhigen Zweiertisch für einen Arbeitslunch“ reservieren und beginnt mit der Evaluation seines Lunchpartners.

Um halb drei meldet er sich vom Parkplatz aus über sein Natel „aus einem Stau“ und geht in die Landbeiz zurück. Um vier ist er wieder im Büro und beraumt eine Sitzung auf sechs an. Die Zeit bis dahin arbeitet er an seinem Arbeitsrapport. Die Sitzung leitet er mit routiniert vorgetäuschter Effizienz und hebt sie kurz nach halb acht mit dem Hinweis auf, dass er noch zu tun habe. Er wartet die Putzequipe ab und legt dann die Spuren für den nächsten Morgen: Zigarettenstummel, fünf halbleere Kaffeebecher. Dann geht er den Kittel für den nächsten Tag aus dem Kofferraum holen und hängt ihn über die Lehne des Besucherstuhls.

Bevor er ins Taxi steigt, wirft Schwegler einen letzten Blick zum Bürohaus hinauf. Alles dunkel. Nur bei Schwegler brennt natürlich noch Licht.

Über den Autor

Angelika

Angelika kümmerte sich von 2010 bis 2017 um die Vermittlung von Freiberuflern. Sie hat Betriebswirtschaft studiert und ist zudem ausgebildete Heilpraktikern. Im Büro sorgte sie für unser medizinisches Wohl und außerdem, dank ihres wunderbaren Humors, oft für gute Laune.