Die Aufgaben der Politik und des Staates sind bei der Digitalisierung der Arbeitswelten nicht ganz einfach, wenn man den demokratischen Prinzipen folgen und die staatlichen und persönlichen Rechte der Menschen schützten will. Bundestagpräsident Lammert war vor kurzem zu einem Unternehmensbesuch bei der Ageto GmbH (übrigens eines unser Partnerunternehmen ;)) in Jena und gab wichtige Impulse zum Thema Digitalisierung.
Die Geschwindigkeit, mit der die Digitalisierung der Gesellschaft voranschreitet, stellt die demokratischen Entscheidungswege vor große Herausforderungen. Demokratische Prozesse sind in ihrem Wesen langsam, weil sie partizipativ und möglichst allumfassend sein sollten. Dem gegenüber steht die rasante Entwicklung der Internettechnologien, z.B. in der Kommunikation, dem Datenaustausch und im Handel. Fatal wäre, so Lammert, vor der Herausforderung zu scheuen, nicht mehr über Regulierungen nachzudenken.
Er sieht drei wesentliche Aufgaben des Staates im Zuge der Digitalisierung der Gesellschaft:
- allen Nutzern den Zugang zu ermöglichen
- Sicherheit der Infrastruktur in einer globalen Struktur und
- Persönlichkeitsrechte zu schützen. Dies sieht er allerdings als juristischen Gewaltakt, da die Nutzer nicht in ihrer Freiheit der Datenfreigabe beschnitten werden können.
Bei dem Gedankenspiel „Deutschland schafft Regularien für das Internet“ hielt er kurz inne und das Auditorium lachte. Darauf Lammert: „… nationale Lösungen haben doch was Niedliches?!“. Da es keine Weltregierung gibt, die die digitalen Ströme reguliert und überwacht, bleibt für Herrn Prof. Lammert „nur die Gemeinschaft (z.B. die EU) als einzige Chance, ein nationales Souveränitätsrecht wahrzunehmen.“ Das hört sich doch zuversichtlich an. Doch sind, z.B. in der EU, die richtigen Player am Start und die Kompetenzen gut aufgestellt, z.B. mit dem designierten EU-Digitalkommissar Günther Oettinger? Da sind die satirischen Befragungen durch den Kritiker und EU Abgeordneten Martin Sonneborn nur eine erste Feuertaufe.
Schlagen wir den Bogen in die Unternehmenswelt, heißt das wahrscheinlich, die Unternehmen werden nicht auf die staatliche Regulierung für ihre Datensicherheit warten können. Wir sind in Deutschland ein gebranntes Kind, denken wir nur an die Regularien für den Energiemarkt, die halbherzig und viel zu sprunghaft waren und damit die vielbeschworen Energiewenden an das dicke Gummiband genommen haben.
Was tun also, um den Trend nicht zu verschlafen? Gemeinschaft – community – ist also eine Möglichkeit, die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Ob diese sich selbst finden oder schon bestehende Interessensverbände für Unternehmen (IHK, BDI, usw.) sich neu definieren können, wird die Zukunft zeigen.
Auch die Arbeitnehmer werden sich möglicherweise anders organisieren. Können die Gewerkschaften die Interessensvertreter der Arbeitnehmer in den Arbeitswelten der Zukunft sein? Besonders im Kreativbereich der Wirtschaft registrieren wir schon die Zunahme loser Arbeitsverhältnisse, die sich nach Branchenzugehörigkeit nicht klassifizieren lassen und sich in den Modellen der Tarifstrukturen kaum wiederfinden. Wer übernimmt die Lobbyarbeit für die vielen Freiberufler und Kreativen, die ja durchaus auch einfach nur mit den Füßen abstimmen könnten? So in etwa „Passt mir Auftraggeber nicht, werde ich nicht mehr für ihn arbeiten!“
Das Thema ist so komplex und voller toller Gedankenexperimente. Wir haben große Lust darauf, die Themen der Digitalisierung in der Arbeitswelt hier auf dem Bewerberlog mal unter die Lupe zu nehmen und mit euch zu diskutieren.
Welche Fragen gehen euch durch den Kopf, welche Gedankenexperimente sollten wir anstellen, die für einen entspannten Umgang mit der „Digi“-Arbeitswelt sorgen? Schreibt uns, stellt uns Fragen, wir gehen den Themen nach.
Und wenn Ihr Ideen habt, wobei der Staat nützlich sein kann, ist Herr Prof. Lammert sicher sehr dankbar für jeden Querdenkerhinweis… 😉