(Neue) Arbeitswelt

Ist die Generation Ü40 wirklich zu alt für den Arbeitsmarkt?

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Geschrieben von Claudia Fuhrmann

In den kommenden 15 Jahren werden ca. zehn Millionen Menschen aus dem Berufsleben ausscheiden und fehlen damit u.a. als Wertschöpfer, die das Inlandsprodukt mehren. Die Lücken, die dadurch in der Belegschaft entstehen, werden massive Folgen für die Struktur des Wirtschaftslebens haben.

(Spiegel Nr. 12, 2015, „2030 Es kommen härtere Jahre“, S. 27).

Somit sollte man davon ausgehen, dass die Demographie die Unternehmen zwingt, sich intensiver als bisher um die erfahrenen Kräfte in der Belegschaft zu kümmern: sie zu motivieren, sich auch jenseits von 40 Jahren weiterzuentwickeln und neue Ziele zu setzen. Denn es darf nicht vergessen werden, dass diese Generation oft noch über zwei Arbeitsjahrzehnte vor sich hat und nicht, wie es vor wenigen Jahren häufig der Fall war, mit knapp 60 als Vorruheständler ausscheidet.

Doch ist dem wirklich so?

Forderung nach dem Ende des Jugendwahns

Beschäftigte im Alter von etwa 40 Jahren stellen laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle „die am stärksten treibende Kraft im Innovationsprozess“ dar. Wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen jenseits von 40 Jahren liegt, bedeutet das für die deutschen Unternehmen einen negativen Verlauf für ihre Wertschöpfung.

Doch die älteren Jahrgänge – in diesem Fall Ü40 – durch jüngere zu ersetzen, ist in der heutigen Zeit nicht mehr so einfach möglich wie in der Vergangenheit. Diesem Jugendwahn zu frönen, können sich immer weniger Firmen leisten.

Studien haben gezeigt, dass ältere Arbeitnehmer nicht schlechter arbeiten als jüngere, nur anders. Sie machen mehr kleine, aber weniger große Fehler. Sie sind langsamer und haben weniger Ideen, verfügen aber über die Umsicht und Erfahrung, wie die Ideen der jüngeren umzusetzen sind. Arbeitsgruppen gemischten Alters, so zeigen Untersuchungen, können sogar die Produktivität eines Unternehmens steigern. (Spiegel Nr. 15, 2015, „Die Demokalypse bleibt aus“, S. 46)

In der Praxis finden sich bereits vermehrt Unternehmen, die gezielt ihre älteren Mitarbeitenden leistungsfähig halten und deren Wissen sichern. So äußerte sich z.B. die Geschäftsführerin eines Duisburger Technologieunternehmens folgendermaßen: „Es ist Unsinn, dass Mitarbeiter in gewissen Lebensphasen nur bestimmte Dinge lernen. Wesentlich ist vielmehr die persönliche Motivation, ganz egal welches Alter.“

Gewonnene Jahre als Ressource betrachten

Solche Beispiele zeigen, dass ältere Arbeitnehmer ein wesentlicher Eckpfeiler im Unternehmen sind.

„Indem wir, die Mehrheit der Zukunft, unser Altern neu überdenken, können wir die Einstellung einer ganzen Gesellschaft zum Altern ändern. … Altern ist Veränderung, nicht Verhängnis.“

(Frank Schirrmacher, Methusalem-Komplott, S. 63f)

Trotz vieler positiver Beispiele erlebt ein Großteil der Generation Ü40 bei einem Jobwechsel oder bei der Jobsuche zu oft das Gegenteil. Noch immer gibt es viele Branchen, die sich – trotz bereits bestehenden Fachkräftemangels – die Ablehnung von geeigneten Kandidaten aufgrund ihres Alters leisten. Ältere Arbeitnehmer werden noch nicht überall als wertvolle Ressource betrachtet. Als Paradebeispiele gelten die IT- und Medienbranche. Man möchte hip sein, flache Hierarchien und selbstbestimmtes Arbeiten bieten. Man stellt gern junge, unabhängige, „hungrige“ Menschen ein, die auch wesentlich weniger kosten als erfahrene, ältere. Dieses Vorgehen wirkt der langjährigen Demographiediskussion entgegen. Es existieren sogar Empfehlungen, dass man sich mit Ende 30, Anfang 40 in diesen Branchen Alternativen überlegen sollte. Ein Ende des Jugendwahns ist also in diesem Bereich noch nicht in Sicht.

Jedoch ist fraglich, wie lange es auch in solchen Branchen gelingt, geeignetes, gut qualifiziertes und junges Fachpersonal zu finden. Gerade in der IT-Branche ist der Fachkräftemangel am meisten präsent. Auch diese Unternehmen sollten umgehend beginnen, ihre Belegschaft – auch die Generation Ü40 – fit, qualifiziert und gesund zu halten.

Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.