(Neue) Arbeitswelt

Coworking Spaces – Ein Interview aus der Praxis

Coworking, Quelle: pexels.com
Geschrieben von Claudia Fuhrmann

In der vergangenen Woche habe ich mich in einem Artikel bereits mit den Vor- und Nachteilen von Coworking Spaces auseinander gesetzt. Um einen tieferen Einblick in diese Form des modernen Zusammenarbeitens zu bekommen, führte ich im Rahmen meiner Recherche zum Thema auch ein Interview durch. Lest heute nun den Bericht von zwei waschechten „Coworkern“.

Interview mit den Geschäftsführerinnen Heike Kühn und Daniela Scheler des Coworking Space SOBAEXA in Jena (gegründet 2012)

BB:  Wie kam es zu der Idee, ein Coworking Space in Jena einzurichten?

Heike Kühn: Bereits seit 1998 existiert das Unternehmerinnen-Netzwerk Sobaexa. Der Name steht für: Solide Basis für Existenzgründerinnen und Unternehmerinnen. Das „a“ am Schluss zeigt das feminine. (Beide schmunzeln) Durch eigene Räume hatte man eine Manifestation für das Unternehmerinnen-Netzwerk geschaffen. So wurde der Community-Gedanke noch mehr gefestigt. Daraus entstand dann die Idee des Coworkings als Form des Vernetzens: Projektarbeit, Empfehlungsmarketing, Kontakte, Veranstaltungen.

Daniela Scheler: Die Idee des Coworking Space kam uns bereits 2010. Oft sprachen uns Freelancer an, die nicht genügend Kontakte hatten, um ein eigenes Projekt abzuwickeln. Durch die Kontakte im Coworking Space entstanden neuen Kooperationen zwischen verschiedenen Freelancern und  die Projekte konnten doch durchgeführt werden.

Heike Kühn: Ein weiterer Gedanke war auch: Raus aus dem Homeoffice und damit einen Mehrwert für jeden einzelnen schaffen. Wenn nötig und gewollt, unterstützen wir auch Startups und kleinere Firmen bei ihrer Buchhaltung und Gründung.

BB: Ist Coworking eher für Freelancer geeignet oder auch für Festangestellte?

Heike Kühn: Auf jeden Fall auch für Festangestellte. Unternehmen können z.B. Projekte auslagern. Die Welt der Arbeit und die Arbeit an sich, ändern sich. Es wird eine immer größere Flexibilität gefordert, die mit Coworking Arbeitsplätzen unterstützt werden kann.

Daniela Scheler: Die Festangestellten von größeren Firmen werden sozusagen „ausgelagert“. Man muss keinen eigenen Standort gründen, sondern mietet lediglich ein Büro oder Arbeitsplatz für die Abwicklung bestimmter Projekte an.

BB: Welche Branchen machen Coworking?

Daniela Scheler: Wir bedienen einen Branchenmix. Zu Beginn haben wir uns auf die Heilberufe spezialisiert, die wir auch separat beworben haben. Es war für uns ein Experiment Heilberufe zu bewerben, welches geglückt ist. Eine Etage ist auch heute noch teilweise für diese Branche reserviert. In der 2. Etage befinden sich mittlerweile verschiedene andere Branchen: Coaches, Supervisoren, IT-Service, Medizinproduktehersteller, Finanzdienstleister, Bildungsdienstleister, Anwälte, …

BB: Welchen Umfang hat Ihr Coworking Space?

Heike Kühn: Insgesamt umfasst unser Coworking Space eine Fläche von 440 qm, die Büros zur flexiblen Anmietung bereitstellt. Die Büros bieten 2 – 4 Arbeitsplätze. Zusätzlich stehen ein Besprechungs- und ein Seminarraum zur Verfügung. Die Anmietung der Arbeitsplätze und Räume kann stündlich bis tageweise erfolgen – auch am Wochenende.

BB: Wo liegen die Vorteile/Nachteile des Coworking gegenüber dem Homeoffice?

Heike Kühn: Homeoffice bedarf hoher Disziplin, bei der Arbeit zu bleiben. Wenn man sein zu Hause verlässt, ist es ein anderes Arbeitsgefühl. Beliebt ist auch der Mix aus Homeoffice und Coworking. Man mietet einen Arbeitsplatz nur 2 – 3 Tage die Woche und die andere Tage arbeitet man zu Hause.

Ein weiterer Vorteil des Coworking ist, dass es zu einem Informations- und Erfahrungsaustausch kommt. So stellen viele z.B. fest, dass es sich bei ihren Problemen nicht um individuelle Probleme handelt. Gerade Existenzgründer in der Anfangsphase profitieren vom Erfahrungsaustausch mit den anderen Coworkern – auch branchenübergreifend.

Nachteile können sein, dass man sich schnell ablenken lässt und einen Kaffee zu viel trinkt in unserer gemütlichen Küche.

Daniela Scheler: Ein wesentlicher Vorteil ist auch: Nicht den Haushalt zu sehen! (lacht)

BB: Welche Tipps können Sie für die Wahl des richtigen Coworking Space geben?

Daniela Scheler: Man muss natürlich schauen, auf welche Branchen sich der Coworking Space spezialisiert hat bzw. welche Möglichkeiten der Space den einzelnen Branchen bietet. Wir z.B. können aktuell keine Labor- oder Werkräume anbieten oder Raumausstattungen für die Entwicklung innovativer Medizinprodukte.  Auf die Branche der Heilberufe haben wir uns mit der Ausstattung eingestellt, d.h. wischbarer Fußboden, Waschbecken im Raum, Yoga-Matten, Decken, etc.  sind vorhanden und können angemietet werden. Ansonsten sind die Büros diskret gehalten und die Mieter können sie für sich personalisieren.

Heike Kühn: Aktuell sind wir auch räumlich etwas eingeschränkt. Aber prinzipiell sind wir immer offen für neue Ideen.

BB: Haben Sie schon andere Coworking Space besucht? Falls ja, wo liegen die Unterschiede?

Daniela Scheler: Wir waren in Leipzig und Erfurt. Hier sind die Ausrichtungen auf die einzelnen Branchen sehr unterschiedlich: Webdesign, Grafiker oder IT oder eher die Kreativen sind ansässig.

BB: Wie erfolgt die Abrechnung?

Heike Kühn: Wir bieten Tages-, Wochen-, Monatspauschalen, aber auch Wochenendangebote. Pauschalangebote gelten auch für die Ausstattung: eigener Schreibtisch, Postadresse, Telefon oder täglich neuer Arbeitsplatz, W-LAN, Küchen- und Druckernutzung, Fax. In den Seminarräumen können Flipchart, Leinwand oder Monitor mitgenutzt werden. Lediglich das Catering für Seminare wird extra berechnet, da dieses von der Teilnehmeranzahl und den individuellen Wünschen abhängt. Eigene Rechner müssen mitgebracht werden.

BB: Frau Scheler, Frau Kühn ich danke Ihnen für das Gespräch!

Fazit meines Interviews

Mein persönlicher Eindruck von den Räumlichkeiten ist mehr als positiv. Die Begehung hat gezeigt, dass alles sehr überlegt und kreativ eingerichtet ist. Man fühlt sich sofort sehr wohl. Die Küche ist als Gemeinschaftraum u.a. mit Sofa und Sessel ausgestattet. Dort lässt es sich richtig gut sitzen und diskutieren oder auch interviewen. Wer an weiteren Informationen interessiert ist, kann diese im Netz unter www.sobaexa-coworking.de einsehen.

Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.