(Neue) Arbeitswelt

Ich, Du, er, Sie, es – Richtig Siezen und Duzen im Job

Duzen im Job, Händeschütteln, Quelle: Nappiness/pixabay.com
Geschrieben von Anna

Teilweise ist es Geschmackssache, oft aber einfach Knigge, wann man jemanden im Berufsalltag duzt oder siezt. In der IT-Branche, aber auch in der Medienbranche, duzen sich viele von der ersten Begegnung an. Selbst in machen Bewerbungsgesprächen ist es mir schon untergekommen, dass mein Bewerber gleich mit einem Du begrüßt wurde. Das ist sicherlich Geschmackssache. Ich selbst tue mich mit dem Du auch manchmal ein bisschen schwer. Das Sie zeugt meiner Meinung nach von mehr Respekt, den ich bestimmten Personen gern erweisen möchte bzw. ist ein Du für mich irgendwie bedeutungsvoller, wenn es erst im passenden Moment angeboten wird.

Es gibt Situationen, da ist das Sie mehr als erwünscht, aber eben auch Grauzonen, wie beispielsweise das Party-Du. Welche Faustregeln gibt es also zum richtigen Duzen im Job und wann muss man die Situation entscheiden lassen?

Richtig Duzen im Job

Am einfachsten ist es natürlich, wenn ein Unternehmen klare Vorgaben zum Du oder Sie gibt. Mittlerweile ist es, auch außerhalb der Türen IKEA’s, Teil der Kultur vieler Firmen, sich (inklusive Chef) zu duzen. Das Du vermittelt eine Art Zusammengehörigkeit und stellt alle Beteiligten auf Augenhöhe. Ob das im Falle von Konflikten/Unstimmigkeiten von Vorteil ist, sei mal dahingestellt. Ich sage nur „Liebe Siglinde, hiermit spreche ich dir eine Abmahnung aus…“

Gibt es kein Duz-Gebot, gelten allgemein folgende Regeln zum Duzen im Job:

  • Der rangmäßig Höherstehende bietet zuerst das Du an
  • Bei gleichem „Rang“ geht der Ältere in die Initiative
  • Der Dienstältere bietet dem Neuen das Du an
  • Ein angebotenes Du darf auch abgelehnt werden
  • Das Du sollte jedoch NIE eingefordert werden

Wenn man jemandem das Du anbietet, sollte man diese Entscheidung sehr bewusst treffen, ehrlich meinen und signalisieren, dass es auch abgelehnt werden kann. Der Gegenüber sollte diese Absichten spüren können und nicht in Zwang geraden. Eine Möglichkeit ist z.B.:

„Da wir jetzt schon eine Weile zusammenarbeiten, wollte ich fragen, ob wir uns nicht einfach duzen wollen? Wenn Ihnen das unangenehm ist, ist das für mich aber auch in Ordnung.“

Übers Knie brechen sollte man das Du nicht und schon gar nicht einfordern. Letzteres signalisiert nicht unbedingt Professionalität.

Das Geschlecht spielt bei allen Regeln heutzutage übrigens keine Rolle mehr und generell scheinen die genannten Normen im Zeitalter flacher Hierarchien und Work-Life-Verflechtungen immer mehr zu verwischen. Dies steigert im Ernstfall natürlich die Gefahr, dass man einen Fettnapf mitnimmt.

Das Du zum Chef

… kann ganz schnell zu einem solchen werden. Kommt man neu in ein Unternehmen, bietet, wenn überhaupt, der Chef das Du als Ranghöherer und Dienstälterer an. Egal wann und von wem man das Du angeboten bekommt, man darf es natürlich auch ablehnen. Allerdings sollte man gerade dann auf Etikette achten, um seinem Gegenüber, welcher ja eigentlich Wertschätzung signalisieren wollte, nicht vor den Kopf zu stoßen. Eine Begründung ist zwar nicht verpflichtend, entspannt die Situation aber und erleichtert die künftige Zusammenarbeit. Die Bitte um Verständnis, dass Verhältnis beruflich/professionell halten zu wollen, verbunden mit Dank für das Angebot hilft beim herauslavieren. Zum Beispiel so:

„Ich freue mich über das Angebot, möchte es jedoch nicht annehmen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich würde im Beruf gern eine professionelle Distanz wahren und daher beim Sie bleiben. Bitte haben Sie Verständnis.“

Im Falle des Chefs ist die Ablehnung sicherlich besonders vorsichtig anzugehen. Sagt man zu, könnte sich das Verhalten der Kollegen ändern, je nachdem, wer den Chef noch alles duzen darf. Zurückweisung kommt aber sicher auch nicht gut an. Ein Mienenfeld. :/

Wir sind keine Freunde mehr – Vom Du zurück zum Sie

Ist eher schwierig. Im Eifer der Weihnachtsfeier oder im Impuls über den erfolgreich laufenden Firmenempfang, gern in Verbindung mit einem Glas Sekt, nimmt man auch mal ein Du an, welches man am nächsten Morgen lieber wieder ablehnen würde. Generell sollte zu jeder Zeit und in jedem „Zustand“ genau darüber nachgedacht werden, ob das Du wirklich angemessen ist. Fühlt man sich am Morgen danach doch nicht wohl mit der Entscheidung, heißt es schnell handeln. Mehr als 24 Stunden sollten bis zum Rückzug nicht vergehen und dieser selbst sollte mit viel Feingefühl durchgeführt werden. Wer erst nach Tagen mit der Sprache rausrückt und doch wieder Abstand gewinnen will, distanziert sich enorm und erleichtert die künftige Zusammenarbeit ganz sicher nicht. Im Einzelfall gilt als also zu entscheiden, ob man ein Risiko eingeht oder eine Sache einfach aussitzt.

Wer sich umgekehrt nicht sicher ist, ob das angebotene Du, z.B. vom Chef, auch am „Morgen danach“ noch gilt, sollte abwarten, wie er angesprochen wird. Ergibt sich keine passende Situation, einfach weiter Siezen. Wendet die andere Person dann ein: „Aber wir waren doch beim Du“ ist man auf der sicheren Seite und kann leicht überspielen: „Stimmt ja, es ist noch so frisch.“ 😉

Und am Ende: Zählt doch das Fingerspitzengefühl

Eine Antwort auf die Frage „Duzen oder Siezen?“ lässt sich oft aus Umgangsformen und den Gewohnheiten innerhalb einer Gemeinschaft oder eines Unternehmens ableiten. Aber, sie ist immer auch eine Sache der persönlichen Einstellung und jeweiligen Situation. Knigge hin oder her, es werden einem immer wieder Menschen begegnen, die sowohl die eigene, persönliche Auffassung als auch die allgemeingültigen Empfehlungen zum höflichen Umgang gewollt oder ungewollt ignorieren. Zur richtigen Du- oder Sie-Entscheidung gehört immer etwas Feingefühl und ganz sicher auch Erfahrung.

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Über den Autor

Anna

Anna, unsere „Frau fürs Schöne“, war bis November 2016 verantwortlich für alles rund ums Personalmarketing. Als studierte Kommunikationswissenschaftlerin mit Nebenfach Psychologie kam sie 2013 zu uns ins Team. Seitdem berichtete sie über den Weg vom Berufsanfänger zum "Experten" und schrieb mit Einfühlungsvermögen über die Höhen und Tiefen bei der Jobsuche und im Arbeitsalltag. Im Büro versorgte Hobbyköchin Anna uns mit den neusten Rezepten, flotten Sprüchen und viel guter Laune.