IT & Technik

Neue Realitäten

AR, VR, Augmented Reality, Virtual Reality Quelle: Jeff Elder
Geschrieben von Niklas

Wie VR und AR die Welt verändern

Pokemon Go ist der neueste AR-Hype, doch bereits vor einem Vierteljahrhundert und nicht zuletzt durch den Film „Tron“ entstand eine Faszination von der Vorstellung, die Realität zu erweitern, zu verändern und sogar neu zu erschaffen. Waren die ersten Versuche beispielsweise durch Nintendo noch ein Flop, brachten Google in Sachen Augmented Reality und Oculus, HTC, Samsung sowie Sony in Sachen Virtual Reality nun wieder Fahrt in die Weiterentwicklung dieser Technologien. Doch was genau unterscheidet die beiden Ansätze voneinander und welche Möglichkeiten bieten sie für die Zukunft?

Erweiterte oder virtuelle Realität

Begonnen hat der erneute Trend wohl mit Google Glass, einer Brille von Google, die beispielsweise zu Sehenswürdigkeiten Zusatzinformationen einblenden kann. Für seine Brille benutzt der IT-Riese den Ansatz von erweiterter Realität (Augmented Reality). AR verfolgt dabei die Idee, die reale Welt um virtuell eingeblendete Informationen oder dreidimensionale Objekte zu ergänzen. Zusammengeführt auf einem entsprechenden Gerät verschmelzen so die Realitäten, oft auch Mixed Reality (MR) genannt.  Bereits die eingeblendete Abseitslinie bei Fußballübertragungen, das virtuelle Anprobieren von Brillen oder die virtuelle Planung der Wohnungseinrichtung sind erste Umsetzungen. Für das Smartphone gibt es ebenfalls zahlreiche Apps. Auch wenn die Google-Brille fürs erste gefloppt ist, das letzte Wort ist hier bestimmt noch nicht gesprochen.

Die virtuelle Realität (VR) blendet die reale Welt dagegen nahezu vollständig aus. Hier wird eine komplett neue visuelle (und häufig auch akustische) Welt geschaffen, in die der Nutzer abtaucht und mit ihr verschmilzt (Immersion). Durch Kopfbewegungen und zusätzliche Hardware kann der Nutzer sich wie in der echten Welt bewegen.

Ganz neue Formen der Unterhaltung

Ein offensichtliches Einsatzgebiet ist natürlich das Gaming. Insbesondere die VR-Technik kann den Spieler in neue (Spiel-)Welten versetzen und ihm so eine völlig neue Spielerfahrung bieten. Viele Spiele sind momentan noch recht experimentell und kurz, bieten dabei aber bereits neue Ansätze. So kann man in einem Spiel mit anderen Spielern auf virtuellen Minigolf-Plätzen einen schönen „Ausflug“ verbringen. In einem anderen muss der Spieler eine Bombe entschärfen, indem er seinen Freunden deren Aussehen beschreibt und diese ihm mit Hilfe der beigelegten Anleitung die richtigen Anweisungen zur Entschärfung geben. Trotz virtueller Realität kommen soziale Interaktionen also nicht zu kurz. Doch auch mit AR lassen sich Spiele umsetzen, zum Beispiel mit Wesen, die sich in die reale Welt einfügen und so hinter der nächsten Ecke lauern können. Pokemon Go (von den Machern von Ingress) setzte so jüngst einen neuen Hype um die Pokémonjagd in der Nachbarschaft.

Auch das Kino entdeckt virtuelle Realitäten für sich. Sogar die Pornoindustrie ist heiß auf die neue Technologie, eine entsprechende Messe in Japan musste jüngst wegen Überfüllung abgebrochen werden. Die klassischen Anwendungen sind aber natürlich weiterhin Stadtführer oder Lehrprogramme. In einer Initiative von Google wurden weltweit Schüler durch VR an Plätze geschickt, die sie in der Realität wahrscheinlich niemals sehen würden (wie die ISS). Überhaupt besteht nicht nur die Gelegenheit an Orte zu gelangen, die wir uns kaum vorstellen können, sondern ebenso für jedes spezielle Anwendungsgebiet Zusatzinformationen einzublenden.

Nicht nur für Gamer

Doch auch für Unternehmen sind VR wie AR interessant. Wie schon angesprochen, bieten diese Technologien dem Kunden die Möglichkeit, ein Produkt bereits virtuell zu erleben, wenn es real noch nicht möglich ist. Bei Küchen oder Möbeln wird dabei oft schon die Planungsphase unterstützt, Einrichtungsgegenstände von IKEA konnten z.B. dank einer privat entwickelten App direkt ins Zimmer projiziert werden. BMW verschenkte 140.000 Cardboards, mit deren Hilfe das Smartphone zur VR-Brille umfunktioniert werden kann, bei Einführung der neuen Mini-Serie an Kunden, damit diese das Auto fast wie in echt erleben konnten. Allerdings ist Marketing bzw. E-Commerce nicht der einzige Einsatzbereich.

Nicht nur Privatleute, sondern auch Firmen können durch AR die Einrichtung ihrer Räumlichkeiten planen. So gibt es Mixed-Reality-Labore mit 360°-Projektionsfläche, die ganze Fabriken und Produktionsanlagen darstellen können. Planungskosten und Fehlerhäufigkeit können dadurch gesenkt werden. Mittelfristig könnten auch Telefonkonferenzen durch VR-Konferenzen ersetzt werden und Reisekosten reduzieren sich, da weniger Dienstreisen benötigt werden.

Genauso kommen VR- und AR-Technologien im Bereich CAD und Produktentwicklung zum Einsatz. Volkswagen nutzt bspw. CAVE-Lösungen und VR-Einzelarbeitsplätze. Audi arbeitet an einem Programm zur virtuellen Montage, um Mitarbeiter zu Schulen. Training ist somit ein weiterer großer Bereich, Flugsimulatoren oder Simulationen für das Militär sind dazu bereits im Einsatz. Die Mitarbeiter können aber nicht nur geschult, sondern auch unterstützt werden. Im Bereich der Logistik testet DHL ein System mit VR-Brille, dass den Arbeiter/die Arbeiterin zur Position des nächsten Pakets lotst und ihm/ihr sagt, wie er/sie seinen Wagen beladen soll. Die Autokonzerne arbeiten an Lösungen für Werkstätten, um die Wartung zu vereinfachen.

Virtuelle Realität gegen realen Schmerz

Sogar in der Medizin gibt es einige Verwendungsmöglichkeiten. Dank einer VR-Brille kann der Chirurg die Vitalwerte des Patienten zukünftig direkt vor Augen behalten. Außerdem arbeiten Mediziner an einer Therapiemethode für Amputations-Patienten, die oftmals an teilweise lebenslangen Phantomschmerzen im eigentlich amputierten Glied leiden. Bisher kam in solchen Fällen hauptsächlich die Spiegel-Therapie zur Anwendung, mit deren Hilfe dem Gehirn des Patienten vorgegaukelt wird, das amputierte Glied sei noch vorhanden. Diese Methode hilft allerdings nicht immer gut, außerdem ist sie nicht für Menschen geeignet, denen beidseitig Gliedmaßen amputiert wurden. Dank virtueller Realität und an den Nervenenden angeschlossener Elektroden kann der Patient nun ein virtuelles Glied direkt mit seinen Nervenimpulsen steuern. Erste Tests brachten einem Großteil der Patienten, denen die Spiegelmethode nicht helfen konnte, erhebliche Linderung.

Was genau in Zukunft alles dank erweiterter und virtueller Realität möglich sein wird, lässt sich kaum abschätzen. Dass diese Technologien mehr sind, als bloße Spielerei und neues Spielzeug für Nerds ist aber jetzt schon deutlich zu erkennen. Wenn die noch teils gravierenden Schwächen behoben sind und die Kinderschuhe nicht mehr passen, dann können wir noch gespannt sein und uns freuen – auf all das was da kommen wird.

Für alle, die selbst gerne etwas für Virtual Reality entwickeln wollen, gibt es z. B. das kostenlose Cardboard Design Lab.

Über den Autor

Niklas

Niklas studierte Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing und unterstütze uns im Rahmen seines Pflichtpraktikums für 3 Monate vor allem im Bereich Personalmarketing. Zum Glück bringt er ein technisches Verständnis mit, damit wir künftig auch die Rubrik IT & Technik mit interessanten Artikeln füllen können... ;)