Körper, Geist & Job

Sexismus – Medienecho oder Realität?

Sexismus, Quelle: pexels.com
Geschrieben von Gastautor

Das Thema Sexismus ist derzeit in aller Munde. Verstärkt durch die Ereignisse in Köln, in der Silvesternacht, aber auch schon vorher durch Themen wie Frauenquote, Teilzeitarbeit, etc. Ich möchte nicht das Für und Wider von Frauen in Führungspositionen abhandeln, dazu sollte sich jeder seine eigene Meinung bilden. Meiner Ansicht nach, ist dies generell keine Frage für pauschale Aussagen. Was mich allerdings beschäftigt, ist die mehr oder weniger latente Diskriminierung von Frauen, die mir Tag für Tag im Berufsalltag bzw. in Gesprächen mit Freunden begegnet. Offensichtlich wird noch immer in starken Klischees und Schubladen zwischen Männern und Frauen gedacht. Damit einhergehend, habe ich manchmal das Gefühl, ich müsste mich entscheiden. Entweder ich mache Karriere oder ich werde „Mutter“. Wieso eigentlich, wo mir als Generation Y-Individuum doch so viele Möglichkeiten offen stehen?

Männer sind fleißig, Frauen emotional        

2016, Digitalisierung, Work-Life-Balance – Noch immer werden Frauen in manchen Unternehmen nur bestimmte Aufgaben zugeteilt, weil sie Frauen sind, es ihnen angeblich an Härte und/oder analytischem Denkvermögen fehlt und sie mit ggf. aufkommender Kritik nicht klar kommen. Noch immer werden in bestimmten Branchen vorrangig Männer eingestellt, weil diese nicht stutenbissig sind und eher rational. Noch immer werden Männer bevorzugt, weil sie im Falle von Überstunden angeblich nicht auf die Uhr schauen und bereitwillig länger im Büro bleiben. Und auch mit Ende 20 wird man ungewollt noch mit Mädchen/Mädel angesprochen. Ist das nur ein Ausschnitt aus der Realität?

Vielen von euch fallen auf Anhieb bestimmt Beispiele ein, die sie selbst miterlebt haben und die bestätigen, dass ich hier nicht auf einen feministischen Trip aufspringe. Die Ansprache als „Mädchen“ ist sicher Geschmackssache. Da diese Formulierung jedoch gern von älteren Kollegen genutzt wird, empfinde ich das persönlich als Herabsetzung: die Kleine, die noch so viel lernen muss.

Wir leben im 21. Jahrhundert, auch Frauen steht die Welt offen, z.B. für analytische/technische Berufe. Vielleicht sind die Vorlieben für bestimmte Berufe zwischen den Geschlechter unterschiedlich verteilt, aber eigentlich wissen wir doch, dass Erfolg im Beruf keine Frage des Geschlechts ist. Sondern viel mehr eine Frage des Talents und nicht selten der Chancen, die man ergreifen kann.

Erfolg = Stress = Männlich?

Ich bin sehr für Familie und zu diesem Bild gehören nicht getrennte Urlaube und Hotels mit Kinderanimation. Als Hausfrau sehe ich mich dennoch nicht, eigentlich noch nicht mal in Teilzeit. Trotzdem fühle ich mich, wenn ich an die Zukunft denke, vor die Wahl gestellt: Karriere oder Kind. Beides ist mit bestimmten Klischees behaftet. Kind geht, gefühlt, nur Hand in Hand mit Teilzeit und Stechuhr-Mentalität. Oder uns wird das Bild der „Überfrau“ vermittelt, die perfekt ist, beides kann und dabei natürlich auch noch schön und ungestresst ist.

Wieso eigentlich? Gibt es nicht auch Männer, die pünktlich das Büro verlassen und Frauen, die sich nicht zu schade sind für Überstunden? Gibt es nicht auch Väter, die so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern verbringen wollen, auch zwischen den Wochenenden? Und Frauen, die so oft es geht, länger im Büro bleiben und ihre Kinder trotzdem lieb haben? Wenn man Kinder hat, muss man die Zeit natürlich besser einteilen und will auch etwas von seinen Kindern haben. Muss man sich dafür schämen? Ich kenne Mütter, die in Teilzeit arbeiten und vermutlich mehr schaffen, als andere in 8 Stunden – einfach, weil sie es müssen. Wo kommen wir denn hin, wenn wir Arbeitskraft nach der Bereitschaft werten, immer mal ein paar Stunden länger zu bleiben, weil eben kein Kind abgeholt werden muss? Zählt nicht das Resultat am Ende des Tages? Und noch viel wichtiger: ist erfolgreich nur, wer Tag für Tag Überstunden sammelt, Stress hat?

Twentysomething Frauen sind anders

Nein, es folgt nun keine weitere Beschreibung der Generation Y und ihrer Erwartungen an die Arbeitswelt. Ja, wir sind anders. Das spüre ich im Vergleich mit meinen Eltern, das lese ich Tag für Tag in Blogs und Magazinen und merke es auch in der Zusammenarbeit mit älteren Kollegen. Der Bildungsweg ist heute anders, die Auswahlmöglichkeiten sind größer und die Zeit ist (gefühlt) schnelllebiger. Man sagt uns nach, wir seinen generell unverbindlicher, in der Liebe und in Freundschaften. Die Freizeit und der Spaß seien uns das Wichtigste im Leben. Sehr pauschal, zu sehr.

Gerade das „man sagt uns nach“ und die Idealbilder –  Studium, Auslandsaufenthalt (am besten allein), Berufsaufstieg, feste Partnerschaft und Kinder – die wir erreichen sollen, eben weil wir es können, erzeugen Druck. Was ist, wenn ich das gar nicht möchte? Natürlich weiß ich nicht, was mir ohne Zeit im Ausland entgangen ist, aber wohl fühle ich mich dennoch in meiner Haut. Ich will nicht sofort Kinder und ich muss auch kein CEO an meiner Tür stehen haben. Das Reihenhaus mit Garten ist für mich eher Albtraum, als erträumtes Ziel. Ich habe keine herausragenden künstlerischen oder naturwissenschaftlichen Begabungen, trotzdem ging es in der Vergangenheit beruflich immer voran. Das Leben ist nicht planbar. Ich hoffe einfach, dass sich die Dinge mit ein bisschen Offenheit irgendwie fügen werden und ich aus der Vielzahl von Wahlmöglichkeiten die richtigen auswähle. Oder zumindest das Beste aus den gewählten mache.

… auch ein bisschen selbstverschuldet?

Natürlich wird jungen Frauen nicht alles von „der Gesellschaft“ aufgedrückt. Mache Ängste (wieder so ein Wort der Literatur zur Generation Y) entstehen auch durch den Druck, den man sich selbst macht. Eigentlich muss ich mich bzw. „frau“ sich ja nicht sofort entscheiden. Wir haben für so vieles Zeit. Zeit zum Arbeiten und Karriere machen, aber auch Zeit für die Familienplanung. Die Zeit, alles auf uns zukommen zu lassen und noch einmal zu überdenken, die sollten wir uns nehmen. Außerdem müssen wir auch nicht alles haben, nur weil theoretisch die Möglichkeit besteht. Die Rahmenbedingungen dazu (Teilzeit ohne Diskriminierung, Anerkennung von Leistung unabhängig vom Geschlecht, etc.), die wünsche ich mir von Arbeitgebern hierzulande. Führungsetagen, die nicht den demographischen Wandel verfluchen und dennoch steinzeitliche Männer- und Frauenbilder verkörpern, sondern offen sind für neue Modelle. Damit zumindest der Sexismus des Arbeitsalltags nicht mehr für alle Frauen zur Realität gehört.

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