Körper, Geist & Job

Prokrastination: Umgang mit der Volkskrankheit Aufschieberitis!

prokrastinieren
Geschrieben von Gastautor

Abgabe am Sonntag.

Montag: Es ist noch Zeit.
Dienstag: Es ist noch Zeit.
Mittwoch: Es ist noch Zeit.
Donnerstag: Ich sollte langsam anfangen.
Freitag: Ich sollte wirklich langsam anfangen.
Samstag: Nachher geht’s dann aber los.
Sonntag: Ich hätte früher anfangen sollen…

Das Hinauszögern von Aufgaben, die erledigt werden müssen – Wer kennt es nicht? Ihr schiebt Aufträge vor euch her, obwohl die Deadline immer näher rückt; ärgert euch über euch selbst, obwohl ihr doch dieses Mal früher beginnen wolltet, um ohne Stress zum Ende zu kommen. Ihr habt prokrastiniert.

Prokrastinieren – Was ist das überhaupt?

Prokrastinieren meint das Aufschieben unangenehmer Tätigkeiten. Diese werden nicht, nicht rechtzeitig oder nur unter großem Druck bewältigt. Es kann nahezu jeden treffen – egal, ob im Studium, dem Job oder der Hausarbeit. Abschlussarbeiten, Steuererklärungen und Frühjahrsputz sind nur einige Beispiele für etwaige Aufgaben. Dennoch gilt stets: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“

Gründe für das Aufschieben können sein, dass die Leistungsanforderungen oft mit Versagensängsten verbunden sind, die eigenen Leistungsansprüche sind zu hochgesteckt oder die Zielsetzungen sind ganz und gar unrealistisch. Eine weitere mögliche Ursache für das Hinauszögern unliebsamer Aktivitäten ist eine grundsätzliche Neigung des Menschen: Wir tun das, was uns kurzfristig belohnt und uns hilft, positive Emotionen zu empfinden. Unser Gehirn ist auf Belohnungen ausgerichtet. So opfern wir unsere Willensstärke für kurzfristigen Genuss. In diesem Zusammenhang sprechen Wissenschaftler vom Akrasia-Effekt. Das griechische Wort steht für geistige Schwäche. Wir können den Willen nicht aufbringen, etwas Bestimmtes zu tun – stattdessen präferieren wir unmittelbare Belohnungen.

Folgen und Handlungstipps

Obwohl es so psychologisch logisch scheint, zu prokrastinieren, ist es mit zahlreichen Problemen verbunden. Zu hohe Ansprüche an sich selbst, Schuldgefühle, Selbstzweifel, Prüfungsangst und Depressionen sind nur einige der Risiken, die mit der sogenannten „Aufschieberitis“ einhergehen. Nach der Prokrastination folgen oft Stresssituationen. Sie erhöhen zwar unsere Leistungs- und Handlungsfähigkeit rasant, doch gleichzeitig können Überlastungserscheinungen des Körpers resultieren.

Genau hier entsteht das Paradoxon der Prokrastination: Statt sich mühsam zu überwinden, eine Aufgabe anzugehen, wird sie intuitiv weggeschoben, in der Hoffnung, sich später vielleicht leichter motivieren zu können. Erst hinterher zeigt sich oft, dass es im Laufe der Zeit jedoch stets schwerer wird. Genau das beschreibt der Depletion-Effekt: Wir wollen den einfacheren Weg, die Abkürzung gehen, ohne zu merken, dass es dadurch erst kräftezehrender wird.

Wenn Prokrastination dauerhaft auftritt, ist sie pathologisch. Betroffene leiden unter mangelnder Disziplin, Organisationsverhalten oder Ausdauer. Es liegt klinisch eine bedeutsame Störung der Selbststeuerung vor. Was also tun gegen die allgegenwärtige Volkskrankheit? Lest dafür die folgenden 10 Tipps!

Nun habt ihr euch vielleicht selbst dabei erwischt, dass ihr auch gelegentlich prokrastiniert und konntet euch informieren, was ihr dagegen tun könnt. Fraglich ist jedoch, ob dieses Phänomen vielleicht auch gute Seiten an sich hat – Mehr dazu findest du im nächsten Abschnitt.

 

Aufschieberitis – Fluch oder Segen?

Immer öfter lesen wir von der Work-Life-Balance. Es fällt uns schwer, ein Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben zu erreichen; vielleicht haben einige von uns sogar verlernt, abzuschalten. Wir erkennen nicht an, dass es unmöglich ist, jeden Tag acht Stunden lang 100 % Einsatz zu zeigen. Immer mehr Menschen sind vom Workaholism betroffen, eine Form der Arbeitssucht. Sie zeigt sich, wenn private Lebensbereiche und die eigene Gesundheit aufgrund der investierten Arbeitszeit vernachlässigt werden. Betroffene, können nach der Arbeit nicht abschalten, vernachlässigen soziale Beziehungen.

Deswegen sollen uns nationale Glücksformeln wie Hygge, Nunchi, Sisu oder Lagom zurück auf den Weg ins Wohlgefühl führen. Obwohl sie aus den unterschiedlichsten Ländern der Erde stammen – wie Dänemark oder China –  zielen sie alle auf dasselbe ab: Dem Menschen in unruhigen Zeiten ein Gefühl der Wärme und Behaglichkeit zu vermitteln. Zeiten der Ruhe, wie sie auch durch Prokrastination ergeben, stehen nicht zwangsweise im Zusammenhang mit Faulheit oder sollten gar das Selbstwertgefühl schmälern. Im Gegenteil: Es ist geradewegs eine Kunst, sich Zeit zum Nichtstun zu schaffen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Mal abgesehen davon, dass wir beim Aufschieben bestimmter Aufgaben sehr kreative Lösungen für diese entfalten können.

Fazit: Aufschieben ist ein Balanceakt

Prokrastination ist ein weit verbreitetes und allgegenwärtiges Problem. Wer präferiert nicht ein Bier mit den Freunden vor dem Schreiben komplexer Texte? Sicher würden viele von uns, ohne mit der Wimper zu zucken, den leichteren Weg wählen. Du bist also nicht der Einzige, der doch öfter als gedacht dazu neigt, zu prokrastinieren.

Doch immer alles liegenzulassen, kann in Stress enden. Also wie wägt man ab, ob eine Sache warten kann oder nicht? Wann ist Zeit für Erholung, wann ist Zeit für Selbstdisziplin und Zwang? Diese Fragen müssen in jedem Fall individuell beantwortet werden, denn die Entscheidung hängt von der eigenen Situation und der Art der Aufgabe ab. Bestimmte Dinge müssen schnell erledigt werden, beispielsweise, wenn sie gegebenenfalls die Existenz des Studiums oder Jobs gefährden könnten. Andere Projekte, die vielleicht viel Kreativität oder intensiver Recherche bedürfen, weniger existenziell sind, profitieren von einer Langsam-Erledigen-Mentalität.

Egal, ob du für dich Prokrastination nun als Fluch oder Segen wertest: Es ist wichtig, dein Wohlbefinden, Gesundheit und Leistungsfähigkeit in Einklang miteinander zu bringen. Solltest du dies trotz intensiver Bemühungen nicht schaffen, kannst du dir jederzeit therapeutische Hilfe suchen. Denn Prokrastination als Symptom psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder Arbeitsstörungen ist nicht zu unterschätzen.

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