Bewerbung & Interview

Tipps für das Bewerbungsgespräch: Chef-Bewertung

Projektleiter, Quelle: steinchen/pixabay.com
Geschrieben von Ina

Mit einem neuen Job wechselt man das Unternehmen, die Aufgabe, das Team und immer auch die Chefin oder den Chef. Bei einem guten Gesprächsverlauf – wenn man auf die richtige Kleidung, das Äußere und den Umgang achtet sowie einige Grundregeln und Tipps befolgt, zusätzlich zu ein bisschen Erfahrung – bekommt mal relativ leicht Informationen, die einem eine Entscheidung leicht machen. Wir haben unsere Bewerber befragt. Sehr konkrete Vorstellungen hatten diese, je nach Unternehmen, über ihre Aufgaben, das Team und manchmal auch zur herrschenden Kultur. Doch sollten sie den neuen Chef (hier auch immer die weibliche Form gemeint) beschreiben, wurden die Aussagen zögerlich und die Kandidaten bemühten ihr Bauchgefühl.

Warum fragt man eigentlich nicht ganz klar die Kompetenzen der Chefs ab? Ist der Erfolg bei einem Jobwechsel doch essentiell vom Vorgesetzten abhängig. Klar, die Gefahr, dass man als kritischer Zeitgenosse abgestempelt wird, ist sehr groß und die meisten Vorgesetzten empfinden es als sehr unangenehm nach ihrem Führungsstil gefragt zu werden. Warum eigentlich? Dazu mal an einer anderen Stelle…

Wir wollen hier nicht unbedingt ermuntern, fröhlich Fragen zum Führungsstil der potentiellen neuen Chefs zu stellen. Vielmehr geht es um die Haltung, mit der man Fragen stellt und das Bewusstsein, dass man doch so einiges in Bewerbungsgesprächen in Erfahrung bringen kann. Denn wer will schon die Katze im Sack kaufen?

Hier also ein paar Fragen, die man so nicht immer in Reinform stellen kann. Versucht man diese im Kopf für sich zu beantworten, kann man aber ganz gut die nötigen Informationen für die Antworten einsammeln.

Fragen an den zukünftigen Chef:

Wonach bewerten Sie die Leistungen Ihrer Mitarbeiter?

Hier kann man sich hinter der Frage nach den Erwartungen an die Job verstecken. Fragen Sie um die Ecke. Woran wird der Chef merken, dass die Erwartungen erfüllt worden?

Wie vergeben Sie die Aufgaben?

Die Frage meint: Gibt es klare Aufgaben im Team oder verändern sich oft Zuständigkeiten? Gerade im Projektgeschäft kann dies häufig von Interesse sein. Wenn nicht klar zugeordnete Aufgaben anstehen, wer vergibt sie, wann und wo?

Was unterstützen Sie in ihrem Team?/Was dulden Sie auf keinen Fall?

Hier wird nach der Präsens der Chefs im Team gefragt. Also wie viel Chef ist noch im Raum, wenn er nicht da ist. Viele Führungskräfte unterschätzen ihren Einfluss auf die Teamkultur und glauben nicht an ihre Vermittlung von Werten und Ansprüchen. Daher kann eine direkte Frage danach zum Nachdenken anregen. Oder Sie bitten Ihr Gegenüber, die Teamkultur zu beschreiben. Für was stehen die Kollegen im Unternehmenskontext und bei den Kunden? Was klappt gut im Team, vor welchen Herausforderungen stehen sie? Gibt es gemeinsame Weiterbildungen, Teamevents oder auch Offsite-Meetings? Wer bereitet diese vor und wertet sie aus?

Wann geben Sie zu einer Leistung Feedback?

In vielen Unternehmen sind Mitarbeitergespräche fest als Führungs-und Feedbackinstrument etabliert. Fragen Sie nach dem Turnus, in dem diese durchgeführt werden. Wann ist der Chef für die Mitarbeiter erreichbar? Holt er sich selbst Rückmeldungen von den Mitarbeitern?

Wie informieren Sie Ihre Kollegen und Mitarbeiter?/Wie sind Meetings organisiert?

Es gibt Unternehmen, die sich zur Meeting-Kultur Gedanken gemacht haben. Um diese nicht in berüchtigte „Laber-Runden“ ausufern zu lassen, können eine klare Struktur und Teilnehmerkreis, Zeitbegrenzungen oder auch jour fixe entgegenwirken. Informationen aus abteilungsübergreifenden Besprechungen haben oft Einfluss auf die erfolgreichen Tätigkeiten der Kollegen. Wie ist sichergestellt, dass diese Informationen zeitnah ausgetauscht werden?

Hatten Sie schon die Situation, dass einer Ihrer Mitarbeiter einen für andere sichtbaren Fehler gemacht hat? Was ist passiert?

Hintergrund der Frage ist klar. Sicher kann man das nicht so geradezu erfragen. Vielleicht haben Sie selbst schon einmal einen Fehler gemacht und Sie können die Geschichte erzählen, wie Ihr alter Chef darauf reagiert hat. Sie können dann auch bewerten und beschreiben, wie die Reaktion Ihres Chefs Sie weiter gebracht hat. Dabei geben Sie gleich auch einen Einblick, was Ihnen wichtig ist und was Sie sich wünschen. Diese Geschichte kann man sich gut vor einem Gespräch zurechtlegen und dabei die wichtigsten Aussagen transportieren. Denn die Frage nach Ihren Schwächen kommt garantiert. Geschickt ist der, der seine Schwächen als Lernfelder beschreibt und dabei eine kurzen Einblick gibt, was man schon gelernt hat und was man noch weiter üben will.

Welche Mitarbeiter sind Ihnen lieber, die kreativen oder die organisierten?

Freiheitsgrade und Kreativität sind bei vielen Jobs sehr wichtig. Mit dieser Frage kann man ausloten, wie der neue Chef tickt und was die Erwartungen an Ihre Aufgaben sind. Doch Vorsicht! Manchmal behaupten Vorgesetzte von sich, dass sie Freiräume geben. Die Realität sieht dann doch etwas anders aus. Hier werden wohl die ersten Wochen im neuen Job zeigen, wie reflektiert Ihr Chef ist.

Vertrauen Sie Ihrem Gespür, welche Frage Sie  stellen können und welche Informationen Sie lieber über Umwege im Gespräch in Erfahrung bringen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, sich über diese Fragen im Vorfeld eines Bewerbungsgespräches Gedanken zu machen. Vielleicht vergessen Sie auch das eine oder das andere, aber die Fragen, die Ihnen für Ihre Entscheidung wichtig sind, bekommen Sie sicher auch beantwortet, ohne direkt danach zu fragen.

Wer schon Erfahrungen mit solchen Fragen gemacht hat, ist hier herzlich zu einem Austausch eingeladen.

 

Über den Autor

Ina

Ina ist Personalerin mit Leib und Seele und war von Juni 2012 bis Mai 2015 unsere Frau an der “Front”. Sie hat bereits in der Personalentwicklung, als Headhunter und als Personalleiterin gearbeitet. Gegenwärtig war sie auch in Sachen systemische Beratung unterwegs, coacht und begleitet Fach- und Führungskräfte. Ina hat viel erlebt, was im Personalwesen passieren kann und ist gespannt auf das, was sie noch nicht erlebt hat. Über ihre Erfahrungen berichtete sie auch hier auf dem Bewerberblog.