Arbeitsrecht

Arbeitsrecht (23): Korruption und Schmiergeld in der Wirtschaft

Alexander Dreher / pixelio.de

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Der ehemalige Mediamarkt-Chef Michael Rook muss wegen Bestechlichkeit im wirtschaftlichen Verkehr für fünf Jahre und 3 Monate in Haft. Der Bundesgerichtshof bestätigt damit  das Urteil des Landgerichts Augsburg. Rook hat zusammen mit einem anderen Media-Markt Manager von einem Unternehmer rund zwei Millionen Euro an Schmiergeldern erhalten. Der Unternehmer wollte damit erreichen, dass seine Mitarbeiter in Media-Markt-Filialen DSL-Verträge anbieten können.

Dies ist natürlich ein sehr gravierender Fall von Bestechlichkeit, welche in diesem Ausmaß nicht jeden Tag vorkommt. Aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen kann es hart treffen, wenn sie in Korruptionsfälle und Schmiergeldzahlungen verwickelt werden. Denn der Übergang von kleinen Geschenken oder einer Einladung zu einem Geschäftsessen zu strafrechtlich bedenklichen Leistungen ist fließend. Wo hört Anstand und Höflichkeit auf und wo fängt die strafbare Bestechlichkeit oder Bestechung an?

Das deutsche Strafrecht stellt die Bestechlichkeit und die Bestechung im wirtschaftlichen Verkehr (auch Angestellten-Korruption genannt) unter Strafe. Einschlägig ist hier der § 299 StGB:

§ 299 StGB

(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.

Voraussetzungen des § 299 StGB

1. Täter

Der Absatz 1 dieser Norm regelt die Bestechlichkeit im wirtschaftlichen Verkehr. Täter muss ein Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes sein. Angestellter ist, wer in einer Arbeits- oder Dienstverhältnis zu dem Inhaber eines Geschäftsbetriebes steht und weisungsgebunden tätig wird. (Bsp.: Arbeitnehmer oder Geschäftsführer einer GmbH). Beauftragte Personen werden für ein Unternehmen tätig ohne Angestellter oder Geschäftsinhaber zu sein. Beispiele hierfür sind Handelsvertreter, Unternehmensberater oder Aufsichtsratsmitglieder.

Bestechender, und damit Täter nach Absatz 2 kann jedermann sein.

Ein Beispiel:

A ist Mitarbeiter eines Unternehmens, welches eine neue Büro-Software einführen möchte. Er wird von seinem Chef beauftragt, sich darum zu kümmern. A holt Angebote ein. Die Firma L bietet eine Software für 10.000 € an. Die Software der Firma S kostet 15.000 €. Außerdem bietet S dem A einen Laptop zum privaten Gebrauch an, wenn er sein Angebot annimmt. A entscheidet sich aus diesem Grund für die teurere Software.

Damit hat sich A der Bestechlichkeit und S der Bestechung im Sinne des § 299 StGB strafbar gemacht.

Hätte S jetzt den Inhaber des Unternehmens, z.B. einen selbständigen Arzt oder Einzelunternehmer „bestochen“, wären beide straffrei ausgegangen, da ein Geschäftsinhaber autonom über den Leistungsaustausch entscheiden kann.

2. Tathandlung

Der Täter gem. § 299 Absatz 1 (Bestechlichkeit) muss einen Vorteil fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Für diesen Vorteil muss eine konkrete Gegenleistung für die Zukunft angeboten, versprochen oder gewährt werden (Unrechtsvereinbarung). Nachträgliche Belohnungen für die Vergangenheit fallen nicht unter die Norm, soweit sie nicht auf einer früheren Unrechtsvereinbarung beruhen. Der Täter einer Bestechung handelt entgegengesetzt. Er muss den oben genannten Vorteil anbieten, versprechen oder gewähren.

Nun wird nicht jeder gewährte Vorteil gleich als Bestechung/Bestechlichkeit gewertet. So genannte „sozialadäquate Zuwendungen sind von vorherein von der Strafbarkeit ausgenommen. Die Rechtsprechung nennt hier unter anderem kleinere (Werbe-)Geschenke oder eine Einladung zu einem Geschäftsessen. Es gibt jedoch keine Wertgrenze, an der man sich orientieren könnte. Ein Geschäftsessen im Wert von 30,00 Euro wäre noch erlaubt, aber eine Barzahlung in gleicher Höhe könnte schon nicht mehr erlaubt sein. Geber und Nehmer sollten in jedem Fall darauf achten, dass es sich um solche Vorteile handelt, die nicht im Ansatz geeignet sind, die Entscheidung des Vorteilsnehmers zu beeinflussen.

Eine weitere Voraussetzung ist, das die Tathandlungen im wirtschaftlichen Verkehr, genauer im Wettbewerb erfolgen muss. Es muss also eine Konkurrenzsituation bestehen und die Bevorzugung in dieser Konkurrenzsituation müsste unlauter sein. Dies ist der Fall, wenn für die Entscheidung des Nehmers nicht die Qualität, der Preis oder ein anderes sachliches Kriterium ist, sondern der gewährte Vorteil (z.B. das Schmiergeld).

Seit 2002 ist auch die Bestechung von Angestellten im Internationalen geschäftlichen Verkehr strafbar. Dazu muss jedoch deutsches Strafrecht anwendbar sein. Dies ist immer der Fall, wenn die Tat im Inland begangen wird.

Beispiel:

Unser Angestellter A soll drei Maschinen einkaufen, welche in Indien besonders preisgünstig sind. Er ruft zwei indische Firmen an und lässt sich Angebot machen. Die Firma X bietet einen Preis von 50.000 Euro pro Maschine die Firma Y bietet 55.000 Euro Maschine sowie einen 14 tägigen All Inclusive Urlaub samt Flug für den A und seine Frau auf den Malediven. A gibt daraufhin den Auftrag an die Firma Y.

Wenn die Tat von Deutschen im Ausland begangen wird. ohne dass Inlandsbezug vorliegt, kann ebenfalls deutsches Strafrecht gelten, vorausgesetzt, die Tat wäre am Tatort selbst ebenfalls mit Strafe bedroht.

3. Rechtsfolgen

Der Strafrahmen des § 299 StGB geht von Geldstrafe bis zur Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Das genaue Strafmaß einer Tat hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise Vorstrafen, Reue oder Wiedergutmachungsleistungen.

Außerdem könnten durch die Tathandlungen auch weitere Straftatbestände in Betracht kommen, wie Betrug Untreue und Geldwäsche. Bestochene neigen dazu, ihre so gewonnenen Einkünfte nicht in ihrer Steuererklärung anzugeben. Damit wird regelmäßig auch der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht.

Auch kommen arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht. Der Arbeitgeber des Bestochenen hat zum Beispiel das Recht zur Abmahnung oder sogar außerordentlichen Kündigung. Auch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen beide Täter kommt in Betracht.

4. Fazit

Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter regelmäßig schulen und Regeln aufstellen, welche Vorteile sie im falle eines Falles annehmen dürfen und welche nicht. Dabei sollten im besten Fall etwas strengere Maßstäbe angesetzt werden, als dies möglicherweise der Staatsanwalt tun würde.

Eine Bestechlichkeit lässt sich in der Regel verneinen, wenn der Nehmer folgende Kontrollfragen mit „Ja“ beantworten kann:

„Wäre es unhöflich, den angebotenen Vorteil abzulehnen?“ und „Würde man dies auch so sehen, wenn der Vertreter des Wettbewerbers den Vorteil annimmt?“

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

 

Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.