Körper, Geist & Job

Was ist dran am Burnout-Syndrom?

Burnout, Quelle: Counselling/pixabay.com
Geschrieben von Viktoria

Überbelastung ernst nehmen

Der Begriff „Burnout“

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem als Bezeichnung für stressbedingtes „Aussteigen“ aus dem Beruf definiert. Für Ärzte, die sich für ihre Patienten verausgaben. Später für stressgeplagte Manager.
Heute ist der Begriff allgegenwärtig, wenn wir von Überlastung, Antriebslosigkeit und Erschöpfung im Alltag sprechen. Er findet bereits Anwendung bei Studenten, jungen Leuten, die dem Lerndruck nicht mehr gewachsen sind, zu viel in zu kurzer Zeit erreichen wollen, aber motivationslos und schlaflos sind. Machen sich Burnout-Patienten selbst etwas vor, wenn sie sich überarbeitet fühlen oder hat sich unsere tägliche Belastungsgrenze tatsächlich von den körperlichen Beschwerden auf die Mentalen verlagert? Wird im Job und im Studium zu viel von uns gefordert? Oder achten Arbeitgeber nicht gut genug auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter?

Die Zahlen lügen nicht

Wenn wir einen Blick auf die Ursachen der Krankschreibungen im letzten Jahr werfen (Quelle: DAK Gesundheitsreport 2015), stellen wir fest: Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen ist längst ein gegenwärtiges Problem und neben Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und der Atemwege eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit. Wie kann das sein?

Auf die Frage, ob uns im Alltag tatsächlich zu viel abverlangt wird und über den Begriff „Leistungsgesellschaft“ lässt sich diskutieren. Tatsächlich sind unbezahlte Praktika und Teilzeitverträge nach abgeschlossenem Studium keine Seltenheit mehr. Dem gegenüber steht, nach dem Bologna Prozess 1999, die kürzere Regelstudienzeit, die vielleicht strafferen Stundenpläne und die härtere Arbeit für die Credit Points an den europäischen Universitäten. Des Weiteren sind es die Unsicherheit des eigenen Arbeitsplatzes und die mittlerweile nicht mehr strikte Trennung von Job und Privatleben, die offensichtliche Stressverursacher sind. Aber soll das tatsächlich die größere Belastung sein, wenn wir uns mit den Generationen vor uns vergleichen?

Früher Cholera und Malaria. Heute alles nur Tralala.

Im Internet gibt es mittlerweile zahlreiche Burnout-Selbsttests, die ebenfalls zwei verschiedene Positionen erlauben. Zum einen, die Selbsterkenntnis für tatsächlich Betroffene, ihren Alltag umzustrukturieren, sich mehr Pausen und Schlaf zu gönnen, mehr Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und sich gegebenenfalls Beratung zu suchen. Zum andern den beinah schon als Manipulation zu verstehenden Versuch, aus jeder Müdigkeit, jedem lustlosen Aufstehen und jedem in Frage stellen des eigenen Berufs oder Alltags ein psychisches Problem zu machen und den Kliniken die Patienten in die Arme zu spielen. Wo genau also liegt hier die Relation? Und wann werden Antriebslosigkeit und Alltagsstress wirklich zur Gefahr für die eigene Psyche?
In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff „Depression“. Auch wenn Burnout und Depression auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, so gibt es doch einen Unterschied. Das Burnout-Syndrom ist nach ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) keine anerkannte Krankheit, sondern lediglich eine Diagnose. Das macht es Burnout-Patienten natürlich oft schwer, ernst genommen zu werden.

Ständiger Stress,

Druck und das Gefühl etwas zu müssen und es nicht zu wollen. Ist Stress in unserer Gesellschaft vielleicht längst zu einer Art Statussymbol geworden, das unseren Erfolg und unsere Präsenz suggeriert? Selbst dann ist es für Betroffene und damit für einen großen Teil der Arbeitnehmer und Studenten, sicher wenig hilfreich, sie als Simulanten und Drückeberger abzutun. Denn die Frage, ob eine Krankheit ernst zu nehmend ist oder nicht, stellt sich höchstens, solange sie noch Einzelfall ist. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse behauptet jeder zweite der Deutschen von sich, gestresst zu sein. Stress bedeutet sicher bis zu einem gewissen Grad auch Antrieb. Aber nicht, wenn er zum Dauerzustand im Alltag wird.

Vielleicht sollten wir unsere Ziele nicht so verbissen verfolgen. Und vielleicht sollten wir, während wir in der Bibliothek arbeiten, nicht auf Facebook chatten. Dann haben wir vielleicht auch kein schlechtes Gewissen, wenn wir in unserer Freizeit nicht arbeiten. Wahrscheinlich sollten wir auch geregelter Schlafen, Essen, uns bewegen und uns einen Ausgleich zur Arbeit schaffen. Mit Sicherheit jedenfalls, sollten wir Probleme nicht tabuisieren, nur weil sie uns nicht direkt betreffen und im Gegenzug keine Probleme machen, wo keine sind.

Über den Autor

Viktoria

Viktoria war 2015-2017 Praktikantin bei uns. Sie studierte im Bachelor Wirtschaftswissenschaften und Soziologie. Vicki, wie wir sie nennen dürfen, unterstützte uns im Recruiting und im Personalmarketing - und versorgt uns natürlich mit Blogartikeln, in denen sie ihre Sicht der Dinge auf Studium, Informatik und Arbeitswelt schilderte.