(Neue) Arbeitswelt

Multitasking – Tugend oder Untugend der Informationsgesellschaft?

Multitasking, Quelle: pexels.com
Geschrieben von Claudia Fuhrmann

Wir sind überall (Teil 4)

Unsere Berufswelt ist geprägt von Schnelllebigkeit, Stress und steigendem Druck. Immer öfter müssen mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigt werden. Die ständige Verfügbarkeit von Internet und digitalen Medien, das Umschalten von einer Aufgabe auf eine andere fördern den Trend zum Multitasking. Man arbeitet am Computer, wird von einem Telefonat unterbrochen und wendet sich anschließend wieder der Computerarbeit zu, lässt sich von einem E-Mail unterbrechen und geht wieder zurück zur Computerarbeit.

„Alle sind sich einig: die größte Tugend der Informationsgesellschaft heißt Multitasking. Sie wird von Müttern, Managern, Arbeitern, Akademikern, Schulkindern, Eltern, Großeltern verlangt, und sie ist die nachweislich erste Verhaltensweise, die uns die Computer aufzwangen, nachdem sie selbst gelernt hatten, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen.“ Frank Schirrmacher, Payback, 2009, S. 69

Doch ist Multitasking überhaupt möglich?

„Wenn man die Funktionsweise des menschlichen Gehirns auch nur ein wenig kennt, so weiß man, dass es unmöglich ist, zwei Aufgaben mit gleich hoher Konzentration zu erledigen. Es ist eher so, dass man eine Aufgabe automatisiert erledigt, während man sich auf die andere konzentrieren kann.“ www.die-frau.at – Multitasking ist eine Lüge, 12.03.2011 – 23.03.2016

Verfolgt man mehrerer Informationsflüsse, verliert man seine Fähigkeit zu geistiger Tiefe und Nachhaltigkeit. Man verliert allmählich das, was uns Menschen noch immer von den Computern unterscheidet: Kreativität, Flexibilität, Individualität und Spontanität. Wir funktionieren nach den Vorgaben des Internets, der Computer und sind kaum noch in der Lage, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Multitasking führt dazu, dass man bereit ist, beim kleinsten Informationsreiz alles stehen und liegen zu lassen. Der Stanford-Forscher Clifford Nass fand in seinen Studien heraus, dass man damit nicht effizienter wird, sondern in einigen Bereichen die geistigen Leistungen sogar fehlerhafter werden. Im Ergebnis wird sogar langsamer gearbeitet.

Stressfaktor Multitasking

Multitasking belastet unsere Konzentrationsfähigkeit. Jeder dritte Büroangestellte leidet bereits unter der Informationsüberflutung. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der DAK hervor. Arbeitnehmer müssen täglich immer mehr Informationen pro Tag verarbeiten und werden mit immer komplexeren Aufgaben konfrontiert. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Für viele Menschen bedeutet Multitasking Stress und wirkt gesundheitsgefährdend. Jedoch gibt es auch Arbeitnehmer, die gern mehrere Aufgaben nebeneinander bearbeiten. Sie bewältigen Multitasking-Aufgaben nicht schneller oder besser als andere, aber sie sind zufriedener mit ihrer Arbeitsweise. Von daher muss jeder einzelne für sich entscheiden, welche Arbeitsweise für ihn passt. Diese gilt es dann zu optimieren.

Fazit

Zusammenfassend stellt man fest, dass durch die permanente Ablenkung die Aufmerksamkeit auf die wichtigen Dinge verloren geht. Wir richten uns nach den Vorgaben des Computers und reagieren nicht mehr spontan, individuell. Wir sind nicht mehr in der Lage, die Perspektive, die Sichtweise zu wechseln. Aufgrund der Informationsfülle überfliegen wir nur noch Texte ohne den Inhalt intensiv zu erfassen und nachhaltig in unserem Gehirn abzuspeichern. Durch das Erledigen mehrerer Aufgaben gleichzeitig, fehlt die Konzentration und korrekte Erledigung einer Sache. Somit ist die anfangs gestellte Frage: „Multitasking – Tugend oder Untugend?“ dahingehend hinreichend beantwortet, als dass Ergebnisse diverser Studien zeigen, dass die neuen Technologien geistige Anforderungen stellen, die man nicht erlernen kann – im Gegenteil:

„Intensive Multitasker werden selbst im Multitasken schlechter, je länger sie ihm nachgehen.“ (Frank Schirrmacher, Payback, 2009, S. 72)

Multitasking ist also nur in begrenztem Maße sinnvoll, führt nicht zu Zeitersparnis und mehr Resultaten. Vielmehr empfiehlt sich, die Beschäftigung mit den Themen Zeitmanagement und Selbstorganisation, denn komplexe Aufgaben lassen sich nicht durch Multitasking lösen, sondern durch Konzentration, Aufmerksamkeit, Setzen von Prioritäten, Abschalten von Ablenkungen und Zeiten, in denen man ohne Störungen arbeiten kann.

Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.