Körper, Geist & Job

Abhandenkommen der Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit, Quelle: johnhain/pixabay.com
Geschrieben von Claudia Fuhrmann

Wir sind überall (Teil 1)

„Ständig begegnet man Menschen, die in jeder Situation per Handy texten, E-Mails abrufen, gleich mit Ihrem Laptop anrücken, und immer häufiger höre ich bei Telefonaten dieses insektenhafte Klicken, weil mein Gesprächspartner tippt, während er telefoniert. Jede Sekunde dringen tausende Informationen in die Welt, die nicht mehr Resultate melden, sondern Gleichzeitigkeiten.“ (Frank Schirrmacher, „Payback“, 2009, S. 16)

So beschrieb Frank Schirrmacher sein Empfinden bereits 2009. Sieben Jahre später hat sich daran nichts geändert, nur die Technik hat sich weiterentwickelt und wir texten heute per Smartphone. Telefonate werden zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Ort geführt, Whatsapp-Nachrichten permanent verschickt. Währenddessen erledigen wir weitere unaufschiebbare To-do‘s des Tages. Wir lassen jede Ablenkung zu und erliegen dem Gefühl, dass Informationen an uns vorbeigehen oder, dass wir wichtige Nachrichten vergessen. Dabei stellt sich oft die Frage, welche dieser Informationen, die mich gerade erreichen, wirklich wichtig sind?

Informationsflut aus dem Netz

Doch sollten wir es nicht positiv bewerten, dass so viele Informationen im Netz für jeden kostenlos zur Verfügung stehen und beliebig oft kopiert und weiter geschickt werden können?

Einerseits ja, denn wir können im Internet alles googeln, wonach uns der Sinn steht. Andererseits nein, denn die Richtigkeit der Informationen ist oft nicht gegeben. Die Flut an Informationen und die Fragen nach ihrer Wichtigkeit und Korrektheit kosten uns wertvolle Aufmerksamkeit, die wir dringend für unser selbständiges Denken und Handeln benötigen. Verlieren wir unsere Identität, indem wir uns auf die Informationen der Computer verlassen? Es gibt Apps für alle Lebenslagen. Computer geben uns vor, wie wir unsere Leistungen beruflich, sportlich steigern können, welche Nahrung wir zu uns nehmen und wie wir uns gegenüber unserem Partner in bestimmten Situationen verhalten sollen.

Fremdgesteuertes Handeln

Alles wird kalkuliert. Je mehr Informationen wir dem Netz geben, desto besser sind die Suchergebnisse, die die Datenflut auf uns individuell zuschneidet. Sind wir fremdgesteuert und verschieben unsere Aufmerksamkeit weg von Erlerntem hin zu den Vorgaben des Computers? Handeln wir nach einem vorgegebenen Drehbuch und vertrauen darauf, dass das, was eine Maschine vorgibt, das Beste und Richtige für uns ist? Lassen wir es zu, dass unsere Intelligenz, unser soziales Verhalten und zunehmend auch unsere Gesundheit beeinflusst werden?

Diese Gefahr wird immer häufiger zur Realität. Gedankenlosigkeit und voreiliges Handeln verhindern, dass wir die wirklich wichtigen Informationen erkennen. Wir verlernen das selbständige Denken, weil wir uns auf die Informationen verlassen, die der Computer uns vorschlägt. Wir reagieren nicht mehr spontan, sondern checken zuerst die Ideen, die uns der Computer vorschlägt.

„Wir sind also in der Zwickmühle: Wir brauchen die Software, die uns analysiert, um mit der Informationsflut fertig zu werden. Aber indem sie uns analysiert, reduziert sie immer mehr unser Gefühl dafür, was wir wählen können und einen freien Willen haben.“ (Frank Schirrmacher, „Payback“, 2009, S. 105)

Fazit

Doch man darf nicht den Computer und den Technologien die Schuld an dieser Entwicklung geben. Wir sind es, die zulassen, dass Informationen unsere Lebensdynamik bestimmen, dass wir unser Handeln nach einem vorgegebene Programm oder Plan ausrichten. Wir sollten vielmehr das Internet und die digitalen Technologien als Chance begreifen, indem wir weniger nach Perfektion streben und Unvollständigkeit zulassen.

Denn eines dürfen wir nicht vergessen, Kreativität, Reaktionsvermögen, Inspiration und Verständnis sind Eigenschaften, die uns noch immer von einem Computer unterscheiden und die auch weiterhin – neben den fachlichen Fähigkeiten – als soziale und personale Kompetenzen vom Arbeitsmarkt und seinen Unternehmen nachgefragt werden.

Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.