(Neue) Arbeitswelt

IT-Recruiting – Jagd auf
IT-Spezialisten und warum sie
oft nicht gelingen will

IT-Spezialisten Quelle: steinchen/pixabay.com
Geschrieben von Claudia Fuhrmann

Unternehmen aller Branchen suchen händeringend sehr gut ausgebildete IT-Fachkräfte. Wir als Dienstleister unterstützen sie aktiv dabei, doch leider nicht immer so erfolgreich, wie wir es uns vorstellen und im Sinne unserer Kunden wünschen. Die Ursachen sind zum einen in der nicht ausreichenden Anzahl der verfügbaren Spezialisten zu finden, zum anderen liegen sie bei den Beteiligten selbst.

Die IT-Fachkraft und ihr wirklicher Markt- (Jagd-) Wert

In Deutschland gibt es aktuell über 50.000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Aufgrund dieser Tatsache gehen IT-Berufseinsteiger mit einem gesunden Selbstbewusstsein in den Bewerbungsprozess, d.h. sie haben ganz klare Vorstellungen an ihren zukünftigen Arbeitgeber. Sie legen großen Wert auf den Auf- und Ausbau ihrer Fachkompetenzen, sie möchten mit den neuesten Technologien arbeiten und von erfahrenen Kollegen lernen. Erst im nächsten Schritt schauen sie auf Leistungen wie: eine ansprechende Vergütung, flexible Arbeitszeiten und zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers. Doch bringen IT-Fachkräfte wirklich immer das Wissen mit, welches sie im Vorstellungsgespräch versprechen? Auch wenn ein großer Fachkräftemangel am IT-Arbeitsmarkt besteht, sollten die Bewerber nicht vergessen, dass Unternehmen kompetente Mitarbeiter suchen – die auch das können, was sie angeben. Manchmal entsteht der Eindruck, dass Bewerber erstmal den Fuß in der Türe haben möchten und der Rest ergibt sich schon. Doch das ist ein Trugschluss. Bereits beim Probearbeiten und spätestens in der Probezeit kommt es zu einem peinlichen Erwachen. Von daher geben wir allen Bewerbern den Tipp: Schätzt eure Fähigkeiten und Kenntnisse realistisch ein. Wenn ein Senior gesucht wird, hat das seine Gründe und die Einstellung eines Juniors hilft beiden Seiten nicht und verursacht nur unnötige Kosten und bedeutet vergeudete Zeit.

Warum viele Unternehmen die Jagd auf IT-Fachkräfte oft verlieren

Im Rahmen der digitalen Entwicklung ist der Einsatz von IT-Spezialisten in fast jedem Unternehmen notwendig für einen erfolgreichen Geschäftsverlauf. Unternehmen bauen sich eigene Entwicklerteams auf. Bei der Suche nach geeigneten Bewerbern ist zu beobachten, dass sie zu nachlässig im Bewerbungsprozess arbeiten. Bewerber erhalten keine Rückmeldungen oder erst nach Tagen und Wochen. Entweder hören sie nie wieder etwas vom Unternehmen oder erhalten eine Absage, da sie nicht zu 100% auf die ausgeschriebene Stelle passen. Das ist frustrierend und auch respektlos den Bewerbern gegenüber. Unternehmen lassen bei solchem Verhalten völlig außeracht, welche Emotionen sie bei dieser Art der Kommunikation auslösen.

Oft liegt der Fehler schon in der Ausschreibung. Hier werden mitunter Generalisten gesucht, was im IT-Bereich oft nicht nur hinderlich sondern in vielen Fällen auch nicht möglich ist, wenn man auf eine hohe Qualität der Arbeit achtet. Ein weiterer Fehler ist, dass noch zu oft die Personalabteilungen die Vorauswahl treffen und damit überfordert sind. So entgehen Unternehmen oft Personen mit fachlichem Potenzial, weil nicht die Schlagworte aus der Anzeige im Lebenslauf erscheinen. Besser wäre hier die Personalauswahl den Fachabteilungen zu überlassen. Viele Unternehmen haben dies bereits erkannt. Sie stellen Bewerber ein, auch wenn sie nicht alle geforderten Kompetenzen mitbringen, und räumen ihnen somit ein gewisses Entwicklungspotenzial ein. Oft kommt es zu neuen Entwicklungen und Ausrichtungen innerhalb des Unternehmens, die es ohne neue Impulse nicht gegeben hätte.

Auch an die Unternehmen geben wir folgende Tipps: Schalten Sie nicht vorschnell Jobanzeigen. Eine Zusammenarbeit zwischen Personal- und Fachabteilung ist dringend erforderlich. Antworten Sie jedem Bewerber innerhalb von einem Tag mindestens in Form einer Eingangsbestätigung. Warten Sie nicht zu lange bei der Einladung von interessanten Kandidaten und auch im nächsten Schritt nicht mit der Zusage bei Interesse bzw. Absage bei Nicht-Interesse.

 

IT-Recruiting anders denken

Unternehmen sind nicht mehr in der komfortablen Lage, dass sie sich die besten Bewerber aussuchen können. Bewerber suchen sich die Unternehmen aus. Dies haben leider noch nicht alle Unternehmen erkannt. Wie können kleinere Unternehmen sich präsentieren, um IT-Spezialisten für sich zu gewinnen und zu verhindern, dass sie nicht bei Google, Facebook und Co. arbeiten möchten? In Bezug auf das Gehalt können die meisten Unternehmen mit diesen Giganten nicht mithalten. Somit spielen die bereits am Anfang erwähnten Prioritäten der Bewerber eine wesentliche Rolle: Entwicklungsmöglichkeiten, die richtige Infrastruktur und die Sinnhaftigkeit der Arbeit. Projekte für die Schublade führen bei dieser Zielgruppe schnell zu Frustration und einem erneuten Jobwechsel. Eine weitere wichtige Überlegung ist, dass nicht jeder Entwickler gewillt ist, zu einem Unternehmen in die Provinz zu kommen. So müssen Unternehmen Möglichkeiten finden, wie sie die Entwickler erreichen. Es muss nicht immer gleich die Gründung einer Filiale in Berlin sein. Vielmehr sollte man über eine Flexibilisierung der Arbeit nachdenken bzw. sich dieser öffnen. Bei interessanten Jobangeboten wird oft die Möglichkeit des Homeoffice nachgefragt. Leider müssen wir als Recruiter dies noch immer zu oft verneinen. Auch hier liegt seitens der Unternehmen noch viel Entwicklungspotenzial. Denn es darf nicht vergessen werden: Der Bedarf an IT-Spezialisten liegt aktuell bei über 50.000 Tendenz steigend, jedoch steht dem ein wesentlich geringerer Auswahlpool an Personen gegenüber.

Fazit

Es gibt bereits eine Reihe Unternehmen, die ihre HR-Prozesse an die veränderte IT-Arbeitsmarktlage angepasst haben, die die Auswahl neuer Mitarbeiter nicht nach Schlagwörtern vornehmen oder einer Maschine überlassen, sondern auf das Potenzial eines Kandidaten achten und es erfolgreich im Unternehmen einzusetzen wissen. Viele Unternehmen reagieren bereits sehr schnell auf eingehende Bewerbungen und zeichnen sich dann durch einen professionellen Bewerbungsprozess aus.

Vielmehr möchte ich mit meinen Anmerkungen die Unternehmen wach rütteln, die Gefahr laufen, mit ihren bisherigen HR-Prozessen und Recruitingmethoden nicht die besten und geeignetsten Kandidaten für sich gewinnen zu können. Dabei spielen klare Stellenprofile und Jobanzeigen sowie der Bewerbungsprozess eine wesentliche Rolle.

Aber auch die Kandidaten sollten sich intensivere Gedanken bzgl. ihrer Bewerbung machen. Ein Anschreiben – individuell ausgerichtet auf die ausgeschriebene Stelle – wird auch intensiv von den Personalern und Recruitern gelesen. Es ist von der Verwendung von Textbausteinen und platten Wiederholungen von Informationen aus dem Lebenslauf abzuraten. Was kann ich wirklich und was sind meine konkreten Vorstellungen! Nur so ist man für die Auswahl wirklich greifbar.

Über den Autor

Claudia Fuhrmann

Claudia betreute zwischen 2015 und 2018 die Bereiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Im Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen fokussierte sie sich auf die DIN EN ISO 9001 sowie auf die Organisation und Abwicklung von IT-Projekten. Basierend auf ihrer vielfältigen Berufserfahrung berichtete sie zu Themen des Personalmanagements und den Aufgaben zu diesem Bereich u.a. für Unternehmen.