Arbeitsrecht

Das dritte Geschlecht in Stellenausschreibungen

drittesgeschlecht_Intersexualitaet
Geschrieben von Dana Lipka

Im Oktober 2017 hat das Bundesverfassungsgericht mit einer Entscheidung (Beschl. V. 10.10.2017, AZ 1 BvR 2019/16) viel Staub aufgewirbelt. In dieser Entscheidung hat das Gericht auf eine Klage eines Intersexuellen hin, Intersexualität als drittes Geschlecht neben männlich und weiblich anerkannt und dem Gesetzgeber aufgetragen das Personenstandrecht bis zum 01. Januar 2019 zu ändern.

Welches dritte Geschlecht?

Bisher gab es nur die Regelung, „männlich“ oder „weiblich“ ins Personenstandsregister eintragen zu lassen oder das Geschlecht offenzulassen.
Dies verstößt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art. 1 Abs.1 GG) sowie gegen das Diskriminierungsverbot gemäß Art 3 Abs.3 GG. In den Augen der Karlsruher Richter müssten auch intersexuelle Personen die Möglichkeit haben, ein Geschlecht positiv anzugeben.

Der Gesetzgeber hat mittlerweile seine Hausaufgaben gemacht und im August diesen Jahres eine Änderung des Personenstandsgesetzes beschlossen. Ab sofort soll neben „männlich“ und „weiblich“ auch „divers“ als Eintragung möglich sein.

Was ist Intersexualität?

Das „divers“ betrifft die Intersexualität. Aber was ist das eigentlich?

Wikipedia sagt dazu:
„Mit Intersexualität bezeichnet die Medizin Menschen, die genetisch (aufgrund der Geschlechtschromosomen) oder auch anatomisch (aufgrund der Geschlechtsorgane) und hormonell (aufgrund des Mengenverhältnisses der Geschlechtshormone) nicht eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können. Die Intersexualität wird den sogenannten Sexualdifferenzierungsstörungen (engl. disorders of sex development, DSD) zugerechnet. Die Zahl der Intersexuellen wird in Deutschland auf etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung geschätzt.“

Dies ist nicht zu verwechseln mit der Transsexualität, bei der sich der Betroffene trotz biologischer Eindeutigkeit zu einem Geschlecht, dem jeweils anderem zugehörig fühlt.

 

Von der …-sexualität zum Recruiting

Aber was hat das Ganze jetzt mit den Themen „Bewerben“ und „Recruiting“ zu tun, mit denen wir uns hauptsächlich auf diesem Blog beschäftigen?

Ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot, wie es die Karlsruher Richter in ihrer Entscheidung festgestellt haben, hat in der Regel auch immer einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Folge, auch wenn es nicht explizit in der Entscheidung erwähnt wurde. Und an dieses AGG müssen sich auch Arbeitgeber halten.

Nach der Einführung des AGG vor über 10 Jahren wurden in sämtlichen Stellenausschreibungen die Benennung der männlichen und weiblichen Form eingeführt.
Aus „gesucht wird ein Informatiker“ wurde „gesucht wird ein/e Informatiker/Informatikerin oder Informatiker (m/w) aus „Rechtsanwalt“ wurde „Rechtsanwalt/Rechtsanwältin (m/w)“ und aus „Krankenschwester“ wurde „Krankenschwester/Krankenpfleger (m/w)“

Das AGG gilt auch für Personen, die weder männlich noch weiblich sind, obwohl im Abschnitt 2 des Gesetzes (persönlicher Anwendungsbereich) nur von den zwei Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ geredet wird. Der Regelungsgehalt des Gesetzes lässt aber darauf schließen, dass auch Menschen geschützt werden sollen, die sich keines dieser beiden Geschlechter zugehörig fühlen. Das Ganze nennt sich dann „verfassungskonforme Auslegung“.

Auch wenn einigen Arbeitgebern bereits wegen der vielen „w´s“ und „m´s“ der Kopf schwirrt, sollte der Buchstabensalat noch um ein „d“ oder „i“ ergänzt werden. Denn für eine Haftung nach dem AGG mit einem Anspruch auf Entschädigung für den Diskriminierten braucht es kein Verschulden.

Fazit

Also sollte es spätestens ab dem 01.01.2019 in Stellenausschreibungen heißen, Informatiker (m/w/d) oder Softwareentwickler (m/w/i).
Offen und tolerant gegenüber allen Menschen unabhängig von ihren Eigenheiten sind wir ja ohnehin schon.

Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.