Arbeitsrecht

Das Gleichbehandlungsgesetz in der Stellenausschreibung

Gleichbehandlungsgesetz; Quelle: pictworks/fotolia.com
Geschrieben von Gastautor

Gleiches Recht für alle

Die Gleichstellung von Mann und Frau ist seit Jahren ein wichtiges Thema in der Berufswelt. Aber nicht nur bei der Gleichstellung der Geschlechter hat sich in der Vergangenheit einiges getan. Auch die ethnische Herkunft, die Religion, die Weltanschauung, die sexuelle Gesinnung oder das Alter dürfen laut Gesetzgeber keine Rolle spielen, wenn ein Unternehmen eine Position besetzen möchte. Eine besondere Bedeutung kommt auch der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zu. Für ihre Integration im Berufsleben hat der Staat im Sozialgesetzbuch wichtige Richtlinien erlassen.

In der Theorie macht Deutschland bislang europaweit Schule. Das deutsche Arbeitsrecht ist vielen europäischen Nachbarländern im Hinblick auf die Gleichstellung weit voraus. Wie wirkt sich die Theorie aber in der Praxis aus? Ein Bereich, in dem die Gesetze zur Gleichbehandlung und Gleichstellung besonders konkret greifen, ist die Besetzung vakanter Positionen in einem Unternehmen. Nirgends lässt sich die Konformität mit dem Gleichbehandlungsgesetz wohl so konkret überprüfen wie in einer Stellenausschreibung, denn dort steht schwarz auf weiß, ob ein Unternehmen die Vorgaben des Gleichbehandlungsgesetzes verinnerlicht hat.

Eine wertvolle Unterstützung kann der Betriebsrat sein. In Unternehmen, die über einen Betriebsrat verfügen, liegt die Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinien häufig vorwiegend in dessen Händen. Im Betriebsrat tätige Mitarbeiter sollten sich deshalb regelmäßig über die Grundlagen der Gleichstellung informieren, die im Arbeitsrecht verankert sind. Speziell auf die Anforderungen des Betriebsrates ausgerichtete Seminare bietet zum Beispiel das Institut für Weiterbildung Poko an. Dort werden je nach Seminarschwerpunkt auch die zentralen Punkte des Gleichbehandlungsgesetzes und ihre Umsetzung im betrieblichen Alltag vermittelt. Personalverantwortliche sind gut beraten, wenn sie den Betriebsrat während des gesamten Auswahlprozesses zur Besetzung einer vakanten Position zu Rate ziehen.

Das Gleichbehandlungsgesetz als feste Säule des Arbeitsrechts

Am Thema Gleichstellung kommt heute kein Arbeitgeber mehr vorbei. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hat der Gesetzgeber eine Grundlage geschaffen, die landesweit verbindlich ist. Am 14. August 2006 trat die aktuell gebräuchliche Fassung des Gesetzes in Kraft und hat bis heute immer stärkere Auswirkungen auf die Arbeitswelt.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat eine Broschüre herausgebracht, in der das Gesetz im Detail erläutert wird. Auch Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden in diesem Dokument zusammengefasst. Für die Stellenausschreibung und auch für sich an die Bewerbung anschließende Bewerbungsgespräche kommt es konkret auf die Auswahlkriterien an, die den Entscheidungen der Personalverantwortlichen während des gesamten Bewerbungsprozesses zugrunde liegen.

Der schmale Grat der buchstabengetreuen Umsetzung

Personalverantwortliche, die schon einmal vor der Aufgabe standen, eine Stellenausschreibung nach den Vorgaben des Gleichbehandlungsgesetzes zu verfassen, wissen, wie knifflig diese Aufgabe werden kann. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz muss jede Stellenausschreibung, ganz gleich in welcher Branche und zu welchem Berufsbild, vollkommen merkmalsneutral verfasst sein. Konkret bedeutet das, es dürfen sich aus dem Text keinerlei Einschränkungen bezüglich der folgenden Punkte ergeben:

  • Das Geschlecht potentieller Bewerber (beziehungsweise Bewerberinnen)
  • Die Weltanschauung oder die politische Gesinnung
  • Die ethnische Herkunft und damit einhergehend Muttersprache und Hautfarbe
  • Die Religion oder die grundsätzliche Glaubensrichtung
  • Die sexuelle Orientierung
  • Das Alter, sofern Bewerber oder Bewerberinnen körperlich und geistig den Anforderungen einer vakanten Stelle gewachsen sind
  • Das Fehlen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung

Für die Verfasser einer Stellenausschreibung bedeutet das, dass an keiner Stelle eine Formulierung auftauchen darf, die auf eine Einschränkung hinsichtlich der genannten Punkte schließen lässt. Bewerberinnen und Bewerber, die in der Stellenausschreibung oder zu einem anderen Zeitpunkt des Bewerbungsverfahrens auf einen strittigen Punkt stoßen, können gerichtlich gegen das Auswahlverfahren vorgehen. Stellt ein Gericht tatsächlich einen Verstoß fest, ist der Arbeitgeber wiederum in der Pflicht, gerichtlich nachzuweisen, dass seine Auswahlkriterien oder die im Auswahlprozess getroffenen Entscheidungen keine Diskriminierung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes darstellt. Im Zweifelsfall kann es zu einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, die hohe Kosten mit sich bringt und die Besetzung der Vakanz im Unternehmen auf unbestimmte Zeit aussetzt.

Die Anforderungen des Gleichbehandlungsgesetzes im Detail

Die grundsätzlichen Punkte, in der Arbeitgeber bei der Formulierung einer Stellenausschreibung achten müssen, sind meist in ein bis zwei Stichworten zu fassen. Was allerdings im Detail dahinter steht, soll im Folgenden kurz erläutert werden:

  1. Das Geschlecht potentieller Bewerberinnen und Bewerber

Für jede Vakanz müssen Männer und Frauen in der Stellenausschreibung gleichermaßen angesprochen werden. Es ist weder zulässig, eine Position ausschließlich für Männer auszuschreiben noch in einer Stellenausschreibung dezidiert weibliche Bewerberinnen anzusprechen. Das Prinzip der Geschlechtsneutralität muss dafür in jeder Begrifflichkeit gewahrt bleiben, die Bewerberinnen und Bewerber direkt anspricht oder bezeichnet.

Ob geschlechtsspezifische Formulierungen zur Wahrung einer bestimmten Quote zulässig sind, ist strittig. Hier haben Gerichte bereits sehr unterschiedliche Urteile gefällt. Arbeitgeber sind gut beraten, auf entsprechende Formulierungen zu verzichten.

  1. Die Weltanschauung, politische Gesinnung, sexuelle Orientierung oder Religion

Auch diese Merkmale dürfen in einer Stellenausschreibung zu keiner Zeit als Auswahlkriterium zur Sprache gebracht werden. Auch im weiteren Auswahlverfahren gehen Arbeitgeber ein Risiko ein, wenn sie entsprechende Einschränkungen durchblicken lassen oder spezifische Fragen stellen, deren Beantwortung auf eines dieser Merkmale schließen lässt.

Eine Ausnahme bilden kirchliche Arbeitgeber. Sie dürfen in bestimmten Fällen die Religion oder die Weltanschauung potentieller Bewerberinnen und Bewerber einschränken. Das gilt immer dann, wenn das religiöse Selbstverständnis des Arbeitgebers eine bestimmte Religion oder Weltanschauung notwendig macht, um die beschriebene Tätigkeit in vollem Umfang und im Interesse des Arbeitgebers ausführen zu können.

Inwieweit sich das Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Arbeitgeber über das Gleichbehandlungsgesetz erheben darf, ist allerdings noch nicht final geklärt und immer wieder beschäftigen sich Gerichte mit strittigen Einzelfällen.

  1. Das Alter

Beim Alter potentieller Bewerberinnen und Bewerber macht das Gleichbehandlungsgesetz keine Kompromisse. Stellenausschreibungen dürfen an keiner Stelle Formulierungen enthalten, die auf das Alter oder die Lebensphase abzielen. Dabei ist die konkrete Angabe eines Höchst- oder Mindestalters ebenso unzulässig wie Formulierungen wie „jung und dynamisch“, „alter Hase“ oder „mit mindestens fünfjähriger Berufserfahrung“. Auch eine dezidierte Suche nach Studienabsolventen oder Berufseinsteigern ist nach den Vorgaben des Gleichbehandlungsgesetzes nicht statthaft.

Wird in der Stellenausschreibung allerdings auf das Alter der bereits bestehenden Belegschaft abgehoben, zum Beispiele durch Formulierungen wie „ein junges Team erwartet Sie“ oder „unser Team aus erfahrenen Kollegen, die seit Jahren für das Unternehmen tätig sind“ sind allerdings strittig. Hier kann im Einzelfall ein Gericht entscheiden.

Bezeichnen potentielle Altersbezeichnungen wie „Senior Consultant“ oder „Junior Berater“ allerdings Hierarchieebenen innerhalb der Unternehmensstruktur, gelten sie grundsätzlich nicht als Diskriminierung und dürfen nach Meinung der meisten Gerichte verwendet werden.

  1. Das Fehlen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung

Zur Integration von Menschen mit einer Behinderung im Berufsleben hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren viel getan. Kein Mensch mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung darf bei der Besetzung einer Vakanz übergangen werden, sofern er über die gleiche Qualifikation und Eignung für die Position verfügt wie ein nicht behinderter Mensch.

Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass Arbeitgeber nicht dezidiert nach Menschen mit Behinderung suchen dürfen, um eine Quote zu erfüllen. Auch Menschen, denen eine entsprechende Behinderung fehlt, dürfen im Auswahlprozess nicht benachteiligt werden. Eine besondere Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine Gleichstellungsmaßnahme im Sinne von § 5 AGG handelt.

Bei modernen Stellenausschreibungen liegt also die Tücke durchaus im Detail. Arbeitgeber, die auf Nummer sicher gehen möchten, sollten Personalverantwortliche regelmäßig schulen, um Konflikte mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsalltag zu vermeiden.

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