Das Telefon klingelt:
„Schatz, ich bin es. Warte nicht mit dem Abendessen, es wird später. Der Chef hat Überstunden angeordnet.“
„Was? Schon wieder? Kriegst du das eigentlich bezahlt?“
So oder so ähnlich laufen täglich viele Gespräch ab. Überstunden sind oft die einzige Möglichkeit für Unternehmen wichtige Fristen einzuhalten.
In vielen Firmen gibt es Vertrauensarbeitszeiten. Mal gibt es ruhigere Zeiten und mal fallen Überstunden an, um wichtige Termine zu halten oder an Veranstaltungen am Abend teilzunehmen. Solange solche Überstunden zeitnah ausgeglichen werden und Arbeitgeber und Arbeitnehmer damit leben können, besteht auch keine Notwendigkeit Überstundenregelungen vertraglich festzulegen.
Allerdings läuft es nicht immer so einfach. Dann muss eine Überstundenregelung her, mit der beide Parteien leben können. Diese muss dann aber auch den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Überstunden und Mehrarbeit
Oftmals werden diese beiden Begriffe synonym gebraucht. Tatsächlich unterscheiden sie sich jedoch. Von Überstunden spricht man, wenn ein Arbeitnehmer über seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeitet.
Bsp.: Ein Arbeitnehmer ist laut Arbeitsvertrag verpflichten 30 Stunden wöchentlich (6 Stunden täglich) zu arbeiten. Dann sind alle Stunden, die er mehr arbeitet Überstunden.
Von Mehrarbeit spricht man, wenn ein Arbeitnehmer über die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelte gesetzliche Arbeitszeit (8 Stunden/Werktag; § 3 ArbZG) hinaus arbeitet.
Anordnung von Überstunden
Ein Arbeitnehmer ist nur verpflichtet Überstunden zu erbringen, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Es gibt eine gesetzliche Pflicht, mehr als die vertraglich geregelte Arbeitszeit zu leisten.
Aber: Keine Regel ohne Ausnahme! Zur kurzfristigen Abwendung von Gefahren für den Betrieb oder zum Schutz der betrieblichen Interessen kann die Ableistung von Überstunden nach den Grundsätzen von Treu und Glauben erforderlich sein. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einfache Engpässe oder die Einhaltung von Lieferterminen etc.
Vergütung
Wenn von Arbeitgeber laut Arbeitsvertrag Überstunden angeordnet werden dürfen, stellt sich die Frage ob oder gegebenenfalls wie diese vergütet werden. Die oftmals in Arbeitsverträgen vereinbarte Regelung, dass alle Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht rechtmäßig. Nach Auffassung der Erfurter Richter (BAG 5AZR 200/10) ist eine solche Abgeltungsklausel zu unbestimmt und damit unwirksam. Der im Arbeitsrecht geltende Transparenzgrundsatz verpflichten den Arbeitgeber, Arbeitsverträge so zu gestalten, dass der Arbeitnehmer klar erkennen kann, was „auf ihn zukommt“.
Generell können Arbeitnehmer Vergütung für Überstunden verlangen, wenn
- aus dem Arbeitsvertrag nicht eindeutig und konkret hervorgeht, wann und wieviele Überstunden durch das Gehalt abgegolten sind.
- Sie für die Mehrarbeit nach objektiven Maßstäben einen Vergütung erwarten dürfen. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn die Überstunden angeordnet waren.
- wenn kein Dienst höherer Art (Ärzte, Steuerberater, Geschäftsführer) geleistet wird oder
- das Jahresbruttoentgelt nicht über der Betragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgeht (alte Bundesländer: 67200 Euro, neue Bundesländer: 57.600 Euro).
Höchstgrenze von Überstunden
Egal ob mit dem Gehalt abgegolten oder vergütet. Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet endlos Überstunden zu leisten. Die Grenze gibt hier das Arbeitszeitgesetz vor. Spätesten nach 10 Stunden täglicher Arbeitszeit ist Schluss (§ 3 Satz2 ArbZG). Anordnungen, die über diese Grenze hinausgehen, verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot und müssen vom Arbeitnehmer nicht akzeptiert werden. Außerdem dürfen diese 10 Stunden tägliche Arbeitszeit nicht langfristig angeordnet werden, da das ArbZG auch regelt, dass im Durchschnitt eines halben Jahres nur 8 Stunden täglich gearbeitet werden darf. Damit hat jeder Arbeitnehmer faktisch zumindest einen gesetzlich geregelten Anspruch auf Freizeitausgleich, wenn eine Vergütung der Überstunden nicht vereinbart wurde.
Gesundheitliche Aspekte
Es passt zwar nicht zu meinem Fachbereich, aber ich bin bei der Recherche zu diesem Artikel auf eine interessante Studie gestoßen, welche ich euch nicht vorenthalten möchte. Die Langzeitstudie Whitehall II mit rund 6000 Menschen zeigte, dass Angestellte, die drei bis vier Überstunden am Tag machten, demnach ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko, an einem Herzkranzgefäßleiden zu erkranken. Dazu zählten die Wissenschaftler Herzinfarkte und die auch Brustenge genannte Angina pectoris.
Fazit
Überstunden sind manchmal notwendig und unumgänglich. Jedoch sollte das Gebot der Fairness, sei es in gesundheitlicher, sei es in finanzieller Hinsicht von beiden Seiten beachtet werden.
Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen