(Neue) Arbeitswelt

Serious Games im Recruiting – spielend bewerben?!

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Geschrieben von Felix Range

Schon Friedrich Schiller stellte fest: Der Mensch ist „nur da ganz Mensch, wo er spielt“. Dass dies nicht nur für die Freizeit gilt, sondern tatsächlich auf den Arbeitsplatz übertragbar ist, zeigt ein großer Trend der letzten Jahre: sogenannte „Serious Games“. Das sind digitale Spiele, die nicht nur Spaß machen sollen, sondern zugleich Lerninhalte vermitteln.

Lernen durch Spiel

Dabei sind spielerische Elemente im Bereich der Wissensvermittlung keineswegs eine neue Erfindung. Allerdings haben sich die Möglichkeiten durch die digitalen Medien deutlich erweitert. Zu Beginn der Serious Games waren es beispielsweise Flug- und andere Simulatoren, die den Spagat zwischen Spiel und Bildung erstmals erfolgreich meisterten. Mit dem Aufkommen des Internets, privater Computer und schließlich der heutigen Verbreitung von Smartphones ergaben sich völlig neue Nutzungsdimensionen.

Das Konzept wurde in der Kinder- und Erwachsenenbildung schon erfolgreich erprobt. Aber auch in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft wird das Potenzial dieser Spiele immer mehr zur Gewinnung zukünftiger Wähler oder Kunden und nicht zuletzt auch zur Mitarbeiterakquise genutzt.

Spiele im Bewerbungsprozess

Gamifizierte Bewerbungsprozesse sind dabei längst keine Zukunftsmusik mehr. Berühmtestes Beispiel ist wohl das Recruiting-Spiel „America’s Army“. Der kostenlose First-Person-Shooter der U.S. Armee vermittelt laut eigenen Angaben seit 2002 Interessenten einen Einblick in den Alltag eines Soldaten und steigerte dadurch die Rekrutierungszahlen. Auch Unternehmen wie L’Oréal oder die französische Bahngesellschaft SNCF konnten in den letzten Jahren Serious Games in ihren Bewerberauswahlprozessen erfolgreich nutzen.

L’Oréal launchte bereits 2009 mit dem englischsprachigen „Reveal – The Game“ ein Online-Strategiespiel, das interessierte Hochschulabsolventen verschiedener Studienrichtungen weltweit ansprechen sollte. Das Spiel wurde sowohl von Bewerbern als auch Kritikern hochgepriesen als Paradebeispiel für Recrutainment (Mischform zwischen Recruiting und Entertainment) im Web 2.0. Bewerber konnten nicht nur die einzelnen Abteilungen und deren spezifische Anforderungen kennenlernen. Sie konnten sich zugleich mit Mitbewerbern in verschiedenen Aufgaben messen, Punkte sammeln, auf Facebook vergleichen und gaben dem Unternehmen so die Möglichkeit, Talente zu erkennen und zu rekrutieren.

SNCF verpackte sein Recruiting-Game als „Défi Ingénieurs“, als Wettkampf für Ingenieure. Die besten Absolventen der französischen Ingenieurschulen sollten sich in Aufgabenstellungen vom Bau eines Zuges oder der Planung eines U-Bahnnetzes, von der Optimierung der Fahrgeschwindigkeit des TGV bis hin zum Hack der Spiele-Website messen. Nur ein sehr geringer Prozentsatz der Teilnehmer schaffte die Lösung des Spiels. Die Mehrheit dieser Gruppe bekam allerdings nach einem Einstellungsgespräch eine Anstellung bei der Bahn. Das Spiel erwies sich als so erfolgreich, dass nach der ersten Runde 2013 weitere Durchgänge folgten, mit stets steigender Beteiligung und verbessertem Gameplay.

 

Wer spielt, wer lässt spielen? Vor- und Nachteile

Zielgruppe solcher Recruiting Games sind vor allem die Digital Natives der Generation Y. Den Bewerbern soll zum einen ein möglichst realistisches Bild des Berufsalltags gezeigt werden. Dies senkt nachweislich das Frustrationspotenzial im späteren Arbeitsalltag. Zum anderen soll die Motivation für eine Bewerbung durch den Spaß am Spielen gefördert und die Attraktivität des Unternehmens, das Employer Branding, durch zeitgemäße Sprache, einen angemessenen Schwierigkeitsgrad und die Optik der Spiele erhöht werden. Die Personalverantwortlichen haben wiederum einen durch das Gameplay erhobenen Datenpool an Informationen über die Bewerber und können diese miteinander vergleichen und gezielt ansprechen. Weitere Vorteile sind:

  • eine bessere Vorbereitung auf die tatsächlichen Anforderungen der Stelle erhöht deren Akzeptanz
  • die Wahrscheinlichkeit einer Mitarbeiterempfehlung steigt
  • unpassende Bewerber ziehen sich eher aus dem Bewerbungsprozess zurück

Natürlich kann jedoch virtuelle „Berufserfahrung“ bzw. Berufsorientierung nicht mit realen Erfahrungen gleichgesetzt werden, da ernsthafte Konsequenzen für Fehlverhalten ausbleiben. Zudem fühlen sich „Spielemuffel“ oder ältere Bewerber möglicherweise nicht durch einen spielerischen Bewerbungsansatz angesprochen. Denn spielen basiert auch immer auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Natürlich ist die Entwicklung sinnvoller Spiele auch kosten- und zeitaufwändig, denn sowohl die pädagogische Sinnhaftigkeit als auch die zeitgemäße Umsetzung bedürfen der Beauftragung qualifizierter Entwickler. Dies ist vor allem für kleinere Unternehmen momentan (noch) nicht umsetzbar.

Spielst du noch oder bewirbst du dich schon?

Ob das Format der Serious Games sich durchsetzen wird, steht noch in den Sternen. Wer allerdings schon heute Lust auf mehr hat, kann sich unter den folgenden Links dem Selbstversuch stellen:

Wir wünschen viel Spaß!

Über den Autor

Felix Range

Felix befindet sich in der Endphase seines Informatik Studiums. Als Werkstudent bei TowerConsult sammelt er nützliche Erfahrungen in der Praxis als Entwickler.