Du sitzt in einem Vorstellungsgespräch. Das Gespräch lief bisher richtig gut. Nun wird es konkret und es fällt die Frage: Wie viel haben Sie sich denn finanziell vorgestellt?
Spätestens jetzt schnellt auch bei dem gelassensten Bewerber der Puls in die Höhe. Eine Gehaltsverhandlung ist ein Balanceakt, welcher Sensibilität verlangt. Damit du im Bewerbungsprozess auch beim Thema Gehalt einen kühlen Kopf bewahrst und sogar in Geldfragen durch Souveränität bestichst, möchte ich dir ein paar Tipps mit auf den Weg geben:
1. Eine gründliche Vorbereitung ist das A und O
Damit du dich nicht von der Gehaltsfrage überrumpelt fühlst, setze dich tiefgründig mit der Frage auseinander, was du wert bist. In meinem letzten Artikel habe ich aufgezeigt, wie du deinen Marktwert ermittelst. Wichtig ist, nicht nur eine selbstbewusste, sondern vor allem eine realistische Selbsteinschätzung. Halte alle Faktoren, welche du für die Analyse deines Marktwertes heranziehst schriftlich fest, denn sie bilden die Argumentationsgrundlage für deine Verhandlung.
2. Angabe eines konkreten Jahresbrutto als Verhandlungsgrundlage
Ich werde oft mit der Frage konfrontiert, wie das Wunschgehalt angegeben werden soll. Die meisten Bewerber wissen, was Sie netto jeden Monat ausgezahlt bekommen, nicht jedoch wie viel sie brutto in einem Jahr verdienen. Gehörst auch du dazu, werfe einen Blick auf deinen letzten Lohnzettel und rechne dein Monatsbrutto hoch oder nimm dir deinen letzten Jahreslohnsteuerbescheid zur Hand. Du kannst dir auch den Brutto-Netto-Rechner zur Hilfe nehmen, um zu errechnen, bei welchem Bruttobetrag welcher Nettobetrag auf deinem Konto landen würde. In der Verhandlung solltest du dich auf dein Jahresbruttogehalt inklusive aller Zuwendungen beziehen. Dies lässt keinen Raum für Missverständnisse offen. Wer basierend auf einem Monatsgehalt verhandelt, schneidet in der Regel schlechter ab.
3. Sei Geduldig
Reiße mit der Gehaltsfrage nicht offene Türen ein, sondern warte bis das Thema seitens des Personalverantwortlichen angerissen wird. Denn eines ist gewiss, das Thema Gehalt wird in jedem Bewerbungsprozess bearbeitet. Lass den Personaler im Vorstellungsgespräch den ersten Schritt machen. Sollte das Gehalt im Vorstellungsgespräch nicht thematisiert werden, kann es auch sein, dass die Gehaltsverhandlung spätestens mit Übersendung des ersten Vertragsentwurfs beginnt.
4. Die Frage nach dem aktuellen Gehalt wahrheitsgemäß beantworten oder geschickt umgehen
Wirst du nach deinem aktuellen oder vorherigen Gehalt gefragt, sag die Wahrheit oder versuche die Frage elegant zu umgehen. Du musst diese Frage nicht konkret beantworten. Mit einer geschickt formulierten Antwort kannst du auf deinen Gehaltswunsch lenken.
Beispiel: „Aktuell liegt mein Gehalt etwas unterhalb meines Wunschgehaltes von 46.500,- Euro.“
Bleibe in jedem Fall bei der Wahrheit, denn wirst du beim Flunkern ertappt, bist du den Job schneller los als du ihn bekommst.
5. Verhandlungsvorteil schaffen und höher in die Gehaltsverhandlung einsteigen
Bei einer Verhandlung geht es um eine beiderseitige Annäherung. In den wenigsten Fällen akzeptiert dein zukünftiger Arbeitgeber deine Gehaltsforderung ohne Widerworte.
Doch Vorsicht, hast du im Zuge deiner Bewerbung deine Gehaltsforderung bereits geäußert, bleibe dabei und beziehe dich im Gehaltsgespräch darauf. Wenn du auf einmal einen anderen Betrag nennst, läufst du Gefahr dich in Widersprüche zu verstricken, wirkst unseriös beziehungsweise schludrig.
Eine Möglichkeit höher in die Verhandlung einzusteigen ist, sich auf die Angabe des für die Branche, Position und Region üblichen Gehalts zu beziehen. Hier kannst du dir diverse Gehaltstabellen oder Gehaltsstudien zur Hilfe nehmen.
Beispiel: „Laut der aktuellen Gehaltsstudie XXX, beträgt das durchschnittliche Jahresbrutto meiner angestrebten Position 49.700,- Euro.“
Liegt das Durchschnittsgehalt höher als dein Wunschgehalt, zeigst du, dass du bereit bist dem Unternehmen entgegenzukommen.
6. Sei dir deiner Schmerzgrenze bewusst
Sicherlich Geld ist nicht alles, doch ohne geht es auch nicht. Setze dich mit der Frage auseinander, wie viel Abstriche du in Kauf nimmst. Bei welchem Betrag liegt deine persönliche Untergrenze, unter welcher du den Job nicht annimmst? Berechne hier auch eventuelle Alternativleistungen mit ein und arbeite dir verschiedene Lösungsvorschläge schriftlich aus.
7. Argumentiere mit deinen Leistungen nicht mit deinen Kosten
Gehe selbstbewusst in die Gehaltsverhandlung und zeige, dass du dich vorbereitet hast. Auch wenn es den meisten Bewerbern schwerfällt, über sich und ihre Leistungen zu sprechen. Jetzt ist der Moment gekommen, indem du die Zähne zusammenbeißen und dich verkaufen musst. Dabei kann es hilfreich sein, dich selbst wie ein Produkt zu betrachten. Welche Vorteile und welchen Mehrwert bringst du für das Unternehmen mit? Welche Leistungen und welche Erfahrungen rechtfertigen deine Gehaltsforderung? Nicht hilfreich sind Argumente, welche auf deine persönliche finanzielle Situation abzielen. Personaler interessiert es wenig, dass du ein hohes Gehalt benötigst, weil du noch ein Haus abzuzahlen oder sehr hohe Fixkosten zu decken hast.
8. Verhandlungsbereitschaft zeigen und sich über alternative Zusatzleistungen annähern
Bestehe nicht auf deine Forderung, sondern zeige dich verhandlungsbereit. Im Gehaltsgespräch wirst du sehr schnell merken, wie dein Gehaltswunsch aufgenommen wird. Sei vorbereitet und setze dich bereits vorher mit möglichen Alternativen auseinander! In einem früheren Artikel haben wir bereits die gängigsten Zusatzleistungen wie Firmenwagen, Essens- und Tankgutscheine als auch finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung unter die Lupe genommen.
Wenn das Budget für deine angestrebte Position nicht ausreicht, können darüber hinaus auch weitere Alternativen möglich sein:
- flexible Gehaltsanteile wie: Beteiligungen am Erfolg oder leistungsbezogene Bonuszahlungen
- Zuschüsse zu den Fahrtkosten oder ein sogenanntes Jobticket
- Firmenhandy und / oder Firmenlaptop, welcher dir in einigen Fällen auch privat zur Verfügung steht
- betriebliche Altersvorsorge mit Arbeitgeberanteil
- Hilfe bei der Wohnungssuche oder gar die Bereitstellung einer Wohnung
- Übernahme der Kosten für Fort- und Weiterbildungen
9. Die Gestaltung des Arbeitsvertrages für die Gehaltsverhandlung nutzen
Keiner kauft gern die Katze im Sack. Bekommst du im Gehaltsgespräch das Gefühl mit deiner Gehaltsforderung, als Einstiegsgehalt über das Ziel hinaus geschossen zu sein, lenke aktiv ein. Es gibt die Möglichkeit im Arbeitsvertrag eine konkrete Gehaltsstaffelung zu vereinbaren. Somit kannst du dem Arbeitgeber anbieten, sich in der Probezeit von deinen Leistungen für ein geringeres Einstiegsgehalt zu überzeugen. Die nächste Gehaltserhöhung, beispielsweise nach Ablauf der Probezeit, kann direkt im Arbeitsvertrag verankert werden.
10. Jobwechsel auch ohne Gehaltssteigerung richtig begründen
Die meisten Personaler werden stutzig, wenn sie Bewerbungen von Kandidaten erhalten, welche in ihrer letzten oder aktuellen Position augenscheinlich sehr gut verdient haben und sich wissentlich auf eine weniger gut bezahlte Position bewerben. Heutzutage geht es in fast jeder Lebenslage um Optimierung und in den meisten Fällen bedeutet dies höher, besser, weiter. Das muss jedoch nicht immer der Fall sein. Ein Jobwechsel kann sich ebenfalls lohnen, auch wenn dieser nicht mit einer Gehaltssteigerung einhergeht. Handelt es sich bei dem neuen Job um deinen Traumarbeitgeber? Bietet dir diese Position endlich die Möglichkeit dich nach deinen Wünschen weiterzuentwickeln? Oder geht die Stelle schlichtweg mit besseren Rahmenbedingungen (kürzerer Anfahrtsweg, flexiblere oder angenehmere Arbeitszeiten) einher? Trifft dies auf dich zu, kommuniziere es klar und deutlich und nehme so dem Personaler seine Bedenken vorweg.
Fazit:
Wer sich nicht an seiner Gehaltsforderung festbeißt und sich flexibel und verhandlungsbereit zeigt, hat bessere Chancen sein Wunschgehalt zu realisieren. Verkaufe dich jedoch bei einer Gehaltsverhandlung nicht unter Wert und nimm dir Zeit für deine Entscheidung. Kein Arbeitgeber sollte verlangen, dass du einen Arbeitsvertrag direkt vor Ort unterschreibst. Bitte um Bedenkzeit, kehre in dich, wäge die Vor- und Nachteile gründlich ab und höre dabei auch auf dein Bauchgefühl.