(Neue) Arbeitswelt

Fristverträge = Frustverträge? – Befristete Anstellung an der Uni

Fristverträge; Quelle: jarmoluk/pixabay.com
Geschrieben von Angelina

Das Studium neigt sich langsam dem Ende zu und der Abschluss kommt in Sicht. Spätestens jetzt stellt sich die Frage: wie geht’s dann weiter? Sucht man den Weg in ein Unternehmen oder bleibt man an der Universität? Diese Entscheidung will wohl überlegt sein.
Eine Karriere an der Universität bedeutet in vielen Fällen eine Folge von Fristverträgen. Diese belaufen sich in der Regel auf zwei bis drei Jahre, in Abhängigkeit der Dauer des Forschungs-Projektes. Nachdem das eine Projekt beendet ist, steht der nächste Vertrag für das nächste Projekt an. Folgeverträge an der gleichen Universität sind allerdings die Seltenheit, so heißt es Standort, Wohnort und Universität wechseln.

Vorteile der Fristverträge

Spricht man mit Professoren, dann bekommt man eine Vielzahl guter Gründe für diese Art des Systems. Auf der einen Seite zeigt man Flexibilität und Engagement für die Karriere. Der Wechsel des Standortes bringt zudem fachlich gesehen viele Vorteile. Neben neuem Equipment und Software bringt auch der Austausch zwischen den neuen Kollegen oft viel Zugewinn. Ein Wechsel der Universität bedeutet also neuen fachlichen Input sowie neue Chancen und Möglichkeiten, sowohl für die eigene Person als auch für die Universitäten. In der heutigen Zeit ist das gerne genutzte Vitamin B (B wie Beziehung) letztlich auch nicht zu verachten. Man arbeitet immer wieder mit anderen Wissenschaftlern zusammen. Da die Kollegen ebenfalls (aufgrund von Fristverträgen) nach ein paar Jahren weiterziehen, ergibt sich schnell ein weites, nicht selten international aufgestelltes Netzwerk. Und bekanntlich schaden Kontakte nur dem, der keine hat. Einen gut bekannten Insider an einer möglichen neuen Arbeitsstelle zu kennen, ist nie schlecht. Zudem kann ein Freund an einer anderen Uni mit einer bestimmten Software oder speziellem Equipment ja mal die eigenen Daten durchlaufen lassen. Im Tausch gegen eine Co-Autorenschaft in der nächsten Publikation lässt sich da oftmals was drehen.
Alles in allem doch eigentlich keine schlechte Sache, so ein Wechsel der Universität…

 

 

Nachteile der Fristverträge

Wie das im Leben oft so ist, hat jede Medaille auch eine Kehrseite:
Diese gewünschte Flexibilität bringt immer auch eine gewisse Unsicherheit mit sich. Wann startet das nächste Projekt? Wo wird das sein? Wie lange wird es gehen? Planungssicherheit sieht eindeutig anders aus! Irgendwann kommt mit steigendem Alter der Wunsch nach Familie, sprich einem Partner, Kind oder Kindern. Wenn man jetzt nicht mehr nur alleine plant, sondern gleich für drei oder mehr, macht das die Situation natürlich nicht einfacher. Wie löst man das Dilemma?
Einer wandert mit den Projekten und Verträgen durch die Welt, der andere bleibt an einem festen Standort, um für die Kinder ein stabiles Umfeld zu schaffen. Das bedeutet dann allerdings auch, im besten Fall, eine Wochenendbeziehung. Die Kinder sehen ein Elternteil recht selten, während das andere den Löwenanteil der Betreuung stemmen muss. Zieht die
Familie jedes Mal mit, bedeutet dies, alle zwei bis drei Jahre eine neue Wohnung, ein neuer Kindergarten- und/oder Schulplatz und Verabschieden von den Freunden – jedes Mal ein neues Umfeld für die Kinder. Keine leichte Entscheidung. Ein langfristiges Arrangement an einem Standort kommt meist erst mit höherer Position zu Stande, oftmals erst als Professor/in. Dann sind die lieben Kinderchen vielleicht schon aus dem Gröbsten raus, vielleicht schon selbst in Ausbildung oder Studium. Was ist allerdings, wenn beide Partner in die Forschung wollen oder bereits an der Universität tätig sind? In diesem Fall muss man auf die Dual-Career-Option setzen. Diese ermöglicht es, bei Berufung an eine Universität den Partner mitzunehmen. Der findige Insider merkt direkt: bei Berufung! Die Option greift meist erst bei der Anstellung als Professor/in, an einem früheren Punkt der Karriere kann man sich darauf leider nicht stützen.
Alles in allem ist keine der Optionen für junge Akademiker optimal. Ein Teil im Leben, egal ob Familie oder Karriere, zieht gefühlt immer den Kürzeren.

Fazit

Tja, da hat man nun die Qual der Wahl. Ein klassisches Dilemma: Familie oder Karriere? Als junger Mensch ist das alles nicht unbedingt einfach zu stemmen. Wo setzt man den Schwerpunkt im Leben? Wann startet man zwischen den Forschungs-Projekten das Projekt Familie? Gibt es den richtigen Zeitpunkt dafür? Fragen über Fragen! Das Problem ist, dass es dafür leider keine allgemein gültige Antwort gibt. Letztlich muss jeder seinen Weg selbst finden, wie auch immer der aussehen mag.

Über den Autor

Angelina

Angelina unterstützte von 2017 bis 2020 das Recruiting-Team der TowerConsult. Sie hat Biologie in Kombination mit BWL studiert und brachte mit ihrem naturwissenschaftlichen Hintergrund frischen Wind ins Bewerberblog-Team.