Viele Berufseinsteiger stehen nach dem Studium vor einer Herausforderung: den ersten Job zu finden. Eine Freundin hat sich kürzlich bei mir beklagt, wie frustrierend die Jobsuche für sie ist. Sie hat gerade erst ihr Studium abgeschlossen und ist bereit für ihren ersten Job – doch auf dem Arbeitsmarkt scheint für Berufseinsteiger kaum Platz zu sein. Obwohl sie gezielt nach Stellenanzeigen gesucht hat, die ausdrücklich an Absolventinnen und Absolventen gerichtet sind, stößt sie immer wieder auf die gleiche Hürde: Berufserfahrung. Wie aber soll man Erfahrung sammeln, wenn einem niemand die erste Chance gibt? Diese Erfahrung machen viele Berufseinsteiger – und sie wirft die zentrale Frage auf: Warum suchen Unternehmen scheinbar Traumkandidaten, die gleichzeitig jung, top ausgebildet und bereits erfahren sein sollen? Und vor allem – was können Bewerber und Bewerberinnen tun, um trotzdem zu überzeugen?
Warum Unternehmen scheinbar das Unmögliche wollen
Was zunächst nach einem Widerspruch klingt, hat für viele Unternehmen durchaus einen nachvollziehbaren Hintergrund: Sie wünschen sich neue Mitarbeitende, die ohne lange Einarbeitungsphase sofort produktiv werden, eigenständig arbeiten und sich schnell ins Team integrieren können. Oft wird Berufserfahrung als Beleg für diese Fähigkeiten gesehen – auch wenn das nicht zwangsläufig zutrifft. Zum einem sagt Berufserfahrung wenig darüber aus, wie jemand gearbeitet hat. Eine langjährige Tätigkeit kann zwar Wissen vermitteln, fördert jedoch nicht immer Selbstständigkeit oder Anpassungsfähigkeit. Zum anderen bleiben dadurch auch Talente unberücksichtigt, die zwar wenig bis keine Berufserfahrung mitbringen, aber dennoch über Kompetenzen verfügen, die für die Unternehmen benötigt wären. Entscheidend ist letztendlich nicht nur die Dauer, sondern die tatsächlichen Kompetenzen eines Menschen. Und dies kann man nicht aufgrund eines Lebenslaufs einschätzen, sondern nur durch persönliche Gespräche. Wer bei der Personalauswahl zu stark auf Erfahrung fixiert ist, läuft Gefahr, Potenziale zu übersehen und Vielfalt zu verlieren.
Doch wenn Unternehmen all diese Kompetenzen erwarten, warum suchen sie dann nicht gezielt nach erfahrenen Fachkräften? Gerade in kleineren Unternehmen oder stark ausgelasteten Teams fehlen oft die Zeit für eine umfassende Einarbeitung. Deswegen besteht der Wunsch, Personalkosten niedrig zu halten, indem sie nach jungen Mitarbeitern suchen, denn meistens erwarten diese keine hohen Gehälter im Vergleich zu den erfahrenen Fachkräften. Jüngere Fachkräfte wirken dadurch oft als attraktive Zielgruppe: Sie bringen aktuelles technologisches Know-how mit, frische Denkweisen, hohe Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Marktbedingungen und nicht zuletzt die Hoffnung, dass sie dem Unternehmen langfristig erhalten bleiben. Doch diese Annahmen stimmen nicht immer. In der Realität sind es jedoch gerade die jüngere Generation, die flexibel bleiben und sich häufiger beruflich neu orientieren. Die erhoffte langfristige Bindung an dem Unternehmen erfüllt sich daher nicht immer. Zudem sind die Unterschiede in Lohn und Belastbarkeit meist gering oder werden durch Erfahrung und Loyalität ausgeglichen. Letztendlich sollte nicht das Alter zählen, sondern die Fähigkeiten und Einstellungen.
Keine Berufserfahrung und trotzdem bewerben?
Ja, unbedingt.
Was tun, wenn du (noch) keine Erfahrung mitbringst?
Bei der Jobsuche begegnen dir mit Sicherheit auch Stellenanzeigen, in denen für einen Berufseinstieg bereits Erfahrung erwartet wird. Und vielleicht hast du dir dabei schon mal die Frage gestellt:
„Wie soll ich eigentlich Erfahrung sammeln, wenn ich ohne Erfahrung keinen Job bekomme?“
Zunächst einmal lohnt sich ein genauer Blick auf die Formulierungen. Wenn in einer Stellenanzeige ausdrücklich von „fundierter Berufserfahrung“ die Rede ist, sucht das Unternehmen in der Regel jemanden mit Praxiserfahrung und spezifischen Vorkenntnissen. Falls das auf dich (noch) nicht zutrifft, schau dich lieber nach passenderen Positionen um. Wenn dich aber das Unternehmen wirklich interessiert, dann nutze die Chance für eine Initiativbewerbung. Damit zeigst du Eigeninitiative und Interesse, auch wenn gerade keine passende Stelle ausgeschrieben ist.
Es gibt aber auch Ausschreibungen, bei denen „Berufserfahrung wünschenswert/von Vorteil“ ist. Das bedeutet, dass diese Anforderung kein Muss ist, sondern eher ein Wunsch des Unternehmens. Viele dieser Anzeigen sind eher Wunschzettel als Anforderungslisten, du bist also nicht automatisch raus, nur weil du nicht jeden Punkt erfüllst. Lass dich also davon nicht verunsichern. Du kannst nie wissen, welcher Teil der Anforderungen wirklich entscheidend ist. Wichtig ist, dass du im Großen und Ganzen zum gesuchten Profil passt – und das auch selbstbewusst zeigst. Deshalb hebe in deinem Anschreiben gezielt die Stärken und Kompetenzen hervor, die für die Stelle relevant sind. Und je besser du diese auch mit Beispielen belegen kannst, desto überzeugender wirkst du.
Wenn du trotzdem vorher Berufserfahrungen sammeln möchtest, dann kannst du das auf vielen Wegen machen: durch eine Ausbildung, Praktika, Trainee-Programme, Neben- oder Ferienjobs, Werkstudententätigkeiten, Abschlussarbeiten in Unternehmen, Ehrenamt, Projektarbeit, Minijobs oder Online-Kurse. Auch Tätigkeiten in fachfremden Bereichen können relevant sein. Wenn du bisher im Einzelhandel gearbeitet hast und jetzt in Richtung Projektmanagement gehen möchtest, hast du dabei immerhin schon an deiner Kommunikationsfähigkeit und Teamarbeit gearbeitet.
Fazit: Dein Einstieg ist möglich – auch ohne Berufserfahrung
Der Einstieg ins Berufsleben ist selten einfach, besonders dann, wenn scheinbar jede Stelle bereits Berufserfahrung voraussetzt. Lass dich davon nicht entmutigen. Viele Anforderungen in Stellenanzeigen sind eher Wunschvorstellungen als feste Ausschlusskriterien. Statt dich abschrecken zu lassen, lohnt es sich, selbstbewusst aufzutreten und zu zeigen, was du kannst. Konzentriere dich auf deine Stärken, zeige deine Lernbereitschaft und bring die Erfahrungen ein, die du bereits gesammelt hast.
Ein weiterer wichtiger Tipp: Networking ist der Schlüssel zu beruflichem Erfolg. Nutze Messen, Events und soziale Netzwerke wie LinkedIn, um wertvolle Kontakte zu knüpfen. Diese Kontakte können dir dabei helfen relevante Informationen und Jobmöglichkeiten zu erhalten, die nicht öffentlich ausgeschrieben sind.