Arbeitsrecht

Arbeitsrecht (57): Gesetzesänderung zum Einsatz von Fremdpersonal

Gesetzesänderung zum Einsatz von Fremdpersonal, Quelle: Gerd Altmann/pixelio.de
Geschrieben von Dana Lipka

BGerade in der IT-Branche ist es weit verbreitet, Projekte mit Hilfe von Fremdpersonal (sog. Freelancer) durchzuführen. Zum einen, weil diese Projekte befristete Laufzeiten haben, zum anderen aber auch, weil im eigenen Unternehmen oft die benötigten Kompetenzen fehlen, um diese Projekte fachgerecht durchzuführen.

Der Einsatz reicht beispielsweise von der kompletten Implementierung einer Online-Plattform oder eines Shop-/CRM-Systems über die Durchführung der Qualitätssicherung bis hin zur Unterstützung und Beratung des eigenen Personals im Projektmanagement durch hochspezialisierte Freelancer oder Beratungsunternehmen mit ihren Mitarbeitern.

Dieser sehr erfolgreich funktionierende Geschäftszweig könnte jetzt durch einen neuen Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit- und Soziales gehörig durcheinandergewirbelt werden.

Frau Nahles und ihre kompetenten Mitarbeiter haben sich nämlich etwas ausgedacht. Unter dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“ sollen Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinwerk- und Scheindienstverträgen sowie verdeckter Arbeitnehmerüberlassung geregelt werden. An sich ja eine gute Sache, allerdings steht zu befürchten, dass durch den geplanten Entwurf mehr Fragen und Probleme aufgeworfen, als gelöst werden.

§ 611 a im BGB und der Einsatz von Fremdpersonal

Eine der zentralen neuen Regelungen ist die Neueinführung des § 611 a BGB. Dieser soll folgendermaßen gefasst werden:

§ 611a BGB (Ref. Entwurf)

(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend.

(2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob jemand:

a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,
b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,
c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,
d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,
e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,
f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,
g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,
h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn der Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.“

Die in Absatz 2 geregelten Kriterien für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation sollen insbesondere auch die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis/Leiharbeitsverhältnis und sonstigem Fremdeinsatz aufgrund Werk- und/oder Dienstverträgen und freie Mitarbeit regeln.

Dieser Katalog ist meines Erachtens jedoch nicht geeignet eine sichere Abgrenzung vorzunehmen, da die dort verankerten Kriterien – bis auf die letzten beiden – nicht geeignet sind, eine klare und rechtssichere Abgrenzung vorzunehmen. Eine selbständige Tätigkeit oder ein Werkevertrag/Dienstvertrag scheitert nicht allein daran, das die Arbeitszeit oder der Arbeitsort nicht frei bestimmbar sind oder die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern aus dem Betrieb des Auftraggebers erbracht werden (Stichwort: Projektmanagement). Nur eine einzelfallbezogene Betrachtung der Gesamtsituation kann zu einer sachgerechten Abgrenzung zwischen den Vertragsverhältnissen führen. Der neugefasste § 611 a BGB wird hingegen eher mehr Streit über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses provozieren, weil durch den geregelten Kriterienkatalog die Annahme befördert wird, das ein Arbeitsverhältnis vorliegt, wenn mehrere dieser Kriterien erfüllt sind.

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Durch den Referentenentwurf wird auch eine Neuregelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes (AÜG) angestrebt und damit die Regelungen zur Leiharbeit noch weiter verschärft.
Der Referentenentwurf sieht vor, die Überlassungshöchstdauer auf maximal 18 Monate zu begrenzen. Mehrere kürzere Einsätze beim gleichen Entleiher sollen dabei zusammengefasst werden, wenn zwischen den Einsätzen nicht mindestens 6 Monate liegen. Halten sich die Parteien nicht daran, drohen Geldbußen von bis zu 30.000 € für den Verleiher und es wird ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer mit allen rechtlichen Konsequenzen fingiert. Einzig der Leiharbeitnehmer hat die Möglichkeit dagegen innerhalb eines Monats Widerspruch zu erheben. Der Entleiher sollte künftig genau dokumentieren, welcher Leiharbeitnehmer wann zum Einsatz kommt.

Leiharbeitnehmer werden künftig nicht nur durch den Grundsatz des Equal Pay mit den Arbeitnehmern des Entleihers gleichgestellt, sondern auch in den anderen Bereichen, wie vermögenswirksame Leistungen und Sachbezüge (Equal Treatment).

Weiterhin wird es nicht mehr erlaubt sein, Leiharbeitnehmer als Streikbrecher einzusetzen. Außerdem sollen sie im Entleiherbetrieb immer mitzählen, wenn ein Gesetz (BetrVG, MitbestG etc.) eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern voraussetzt

Der Referentenentwurf sieht auch eine Pflicht vor, im Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher die Arbeitnehmerüberlassung als solche und auch den konkreten Leiharbeitnehmer ausdrücklich zu benennen. Unterbleibt dies, kommt automatisch ein Arbeitsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande, es sei denn, der Leiharbeitnehmer widerspricht rechtzeitig. Außerdem drohen Busßgelder für den Entleiher und den Verleiher.

Fazit

Dienst- und Werkverträge und auch der Einsatz von freien Mitarbeitern sind sinnvoll. Natürlich gibt es auch immer wieder schwarze Schafe, die die derzeitigen Regelungen dazu missbrauchen, andere zu übervorteilen und eigene Vorteile daraus zu ziehen. Dagegen sollte auch durch den Gesetzgeber vorgegangen werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass ganze Branchen daran gehindert werden, ihren Gewerbebetrieb auszuüben. Außerdem bestehen meines Erachtens erhebliche Bedenken, dass durch die geplanten Regelungen das Grundrecht auf freie Berufsausübung eingeschränkt wird.

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

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Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.