Arbeitsrecht

Arbeitsrecht (58): Kind krank – Rechte und Klauseln im Arbeitsvertrag

Kind krank, Quelle: steinchen/pixabay.com
Geschrieben von Dana Lipka

Rechte und Klauseln im Arbeitsvertrag, wenn das Kind krank ist

Vielleicht hatte nicht nur ich das Gefühl, dass zu Beginn dieses Jahres deutlich mehr Menschen aufgrund von Infekten oder Grippeviren außer Gefecht gesetzt waren. Manchmal erwischt einen das Pech, dass man im Urlaub krank wird oder es einen sogar im Bildungsurlaub erwischt. Manchmal aber ist das Pech noch größer und so hat es selbst meinen sonst so robusten Sohn erwischt und er musste eine Woche der Schule fern bleiben. Natürlich kann man einen Siebenjährigen nicht allein zu Hause lassen, sodass sich mein Mann und ich in die Pflege hineingeteilt haben. Aber wie gestaltet sich das rechtlich? Sollte der Arbeitsvertrag konkrete Inhalte über dieses Thema enthalten? Habe ich als Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch darauf zu Hause zu bleiben, um mein Kind zu pflegen?

Erst einmal ganz klar: JA

Anspruch auf Freistellung im Krankheitsfall des Kindes

Aufgrund der Fürsorgepflicht bin ich sogar verpflichtet, mich um mein krankes Kind zu kümmern, wenn es keine andere im Haushalt lebende Person gibt, die die Pflege während meiner Arbeitszeit übernehmen kann. Dies gilt zumindest so lange das Kind jünger als 12 Jahre alt ist.

Auch wenn das Kind älter als 12 Jahre ist und zu Hause wohnt, kann man bei einer unvorhergesehenen Krankheit und Pflegebedürftigkeit des Kindes in der Regel der Arbeit ohne Vergütungseinbußen fernbleiben, wenn und soweit eine anderweitige Versorgung des kranken Kindes für einen vorübergehenden Zeitraum nicht angebracht oder nicht realisierbar ist.

Geregelt ist dieser arbeitsrechtliche Anspruch in § 616 BGB:

„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“

Danach ist also die kurzzeitige Abwesenheit von der Arbeitsstelle aus unvermeidbaren und unverschuldeten persönlichen Gründen erlaubt, ohne, dass der Arbeitnehmer seine Vergütungsansprüche verliert. Damit sind alle individuellen Umstände gemeint, die das Ausführen der Arbeitspflicht unzumutbar machen – beispielsweise der Tod des Ehepartners, der Eltern, arbeitsbedingter Umzug oder auch die notwendige Betreuung des kranken Kindes. Allgemein spricht man dann von Sonderurlaub.

Mitteilung und Dauer der Freistellung

Der Arbeitgeber ist allerdings berechtigt, einen Nachweis für den Grund der Verhinderung und die Notwendigkeit der Abwesenheit des Arbeitnehmers zu verlangen. Bei Freistellung von der Arbeit, weil das Kind krank ist, genügt in der Regel eine entsprechende ärztliche Bescheinigung.

  • 616 BGB regelt, das der Freistellungsanspruch nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ besteht. Dies ist natürlich auslegungsnötig und muss im Einzelfall betrachtet werden. Jedoch sagt die überwiegende Rechtsprechung, dass die erlaubte Abwesenheit, wegen des kranken Kindes, von der Arbeit für maximal fünf Tage berechtigt ist.

Wird diese Grenze überschritten, fällt der Anspruch aus § 616 BGB vollständig weg und kann auch nicht teilweise angerechnet werden (etwa für die ersten fünf von zehn Tagen).

Höhe des Entgeltes

Liegen die Voraussetzungen des § 616 BGB vor, ist der Arbeitnehmer so zu vergüten, als hätte er an den Fehltagen regulär gearbeitet. Nach § 616 Abs. 2 BGB muss er sich allerdings Leistungen gesetzlicher Versicherungen (etwa der Kranken- oder Unfallversicherung) anrechnen lassen.

Ausschluss der Freistellung nach § 616 BGB

Der Anspruch auf bezahlte Freistellung gemäß § 616 BGB kann allerdings durch Arbeits- oder Tarifvertrag abweichend geregelt oder sogar ausgeschlossen werden. Dies passiert gerade bei der Freistellung, aufgrund der Erkrankung eines Kindes, nicht selten.

Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag würde beispielsweise lauten:

„Die Entgeltfortzahlung auf Grund vorübergehender Verhinderung ist ausgeschlossen.“ oder
„Ein Vergütungsanspruch besteht nur für tatsächlich geleistete Arbeit.“ Oder
„Die Regelungen des § 616 BGB werden abbedungen/ gelten nicht.“

Krankengeld statt Arbeit, wenn das Kind krank ist

Wenn im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag ein solcher Ausschluss geregelt ist, steht man als Eltern natürlich nicht alleine da. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben dann die Möglichkeit, sich von der Arbeit wegen eines kranken Kindes nach § 45 Abs. 3 SGB V freistellen zu lassen. Die Freistellung ist möglich, wenn das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, keine andere Person des Haushalts das Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und ein Arzt bescheinigt hat, dass die Betreuung notwendig ist. Sie ist unbezahlt und kann je Kind im Kalenderjahr höchstens 10 Arbeitstage, insgesamt maximal 25 Arbeitstage, dauern. Alleinerziehende können die doppelte Zeit geltend machen.

Während der Freistellung besteht ein Anspruch auf Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des ausgefallenen Bruttoarbeitsentgelts, maximal 90 % des Nettoentgeltes.

Zuschuss zum Kinderkrankengeld

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können alternativ zur ausgeschlossenen Entgeltfortzahlung einen Zuschuss zum Krankengeld vereinbaren. Dieser ist für den Krankengeldanspruch unschädlich, wenn er zusammen mit dem Krankengeld das Netto-Arbeitsentgelt um nicht mehr als 50 EUR monatlich überschreitet.

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

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Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.