Die Deutsche Bahn stellt ab diesem Herbst ihren Bewerbungsprozess für Azubis um. Die Bewerber für die Auszubildendenstellen für 2019 brauchen bei ihrer Bewerbung kein Anschreiben mehr zu verfassen. Andere Firmen ziehen ebenfalls bei diesem Trend mit. Eine gute Gelegenheit, dass wir das Ganze nochmal genau unter die Lupe nehmen: Ist das Anschreiben notwendig? Könnt ihr es in Zukunft ganz weglassen oder hat es doch noch eine Daseinsberechtigung?
Das Anschreiben – Wieso, Weshalb, Warum und Wie?
Der eigentliche Sinn des Anschreibens liegt darin, sich selbst kurz vorzustellen. Ihr könnt darin gezielt Aspekte eurer Karriere oder persönliche Eigenschaften beleuchten, um herauszustellen, warum genau ihr der beste Kandidat für die angestrebte Position seid. Ihr könnt eure Motivation für diese Stelle schildern oder eure Gründe für einen Jobwechsel ansprechen. Wichtig ist, dass ihr die Dinge thematisiert, die euch von der Masse der Bewerber abheben. Es steckt also viel Potential in dieser einen Seite. Potential, dass ihr nicht verschwenden solltet!
Ein paar Tipps zum perfekten Anschreiben findet ihr bereits in früheren Artikeln auf unserem Bewerberblog, dennoch möchten wir euch nochmal drei wichtige Hinweise an die Hand geben:
Lebenslauf die zweite?
Das Anschreiben ist ein eigenständiger Teil eurer Bewerbung. Bitte behandelt es auch als solchen. Nutzt die Gelegenheit zusätzliche Informationen mit einzubringen. Eure Berufsstationen und eure Ausbildung stehen bereits detailliert im Lebenslauf, es ist nicht notwendig diese nochmal aufzuzählen. Damit verschwendet ihr nur wertvollen Platz.
Anschreiben nach einer Mustervorlage?
Im Internet findet man viele Vorlagen und Texte zum Thema Anschreiben. Diese solltet ihr allerdings maximal als Anregung nutzen. Geübte Personaler sehen sofort, ob euer Anschreiben selbst geschrieben oder eine Vorlage aus dem Internet ist.
Ein Anschreiben für alle?
Es ist klar, dass euer Lebenslauf immer der gleiche ist. Er sieht bei jeder Bewerbung praktisch identisch aus. Das gilt allerdings nicht für das Anschreiben. Das Ganze geht schon beim Ansprechpartner los. Nehmt euch kurz Zeit und recherchiert den richtigen Adressaten für die einzelnen Firmen. Schreibt für jede Bewerbung ein eigenes Anschreiben. Passt es genau auf Position und Unternehmen an und beleuchtet dabei, warum ihr der richtige Kandidat für genau diese Position in genau diesem Unternehmen seid. Personaler merken sehr schnell, wenn ein Standard-Anschreiben an mehrere verschiedene Unternehmen gestreut wurde.
Warum schaffen einige Unternehmen das Anschreiben ab?
Ein Argument für das Abschaffen des Anschreibens steht in direktem Zusammenhang mit dessen Inhalt. Unternehmen beklagen sich, dass die Anschreiben keinerlei Mehrwehrt zur Bewerbung beisteuern. In den meisten Fällen liest man die immer gleichen Standardsätze über Teamfähigkeit und Belastbarkeit. Ein wirklich gut formuliertes Anschreiben ist leider Seltenheit geworden.
Ein weiterer Grund das Anschreiben wegzulassen, ist den Bewerbungsprozess zu vereinfachen bzw. zu verschlanken. Man will es den Bewerbern so einfach wie möglich machen, um so im „War for Talents“ der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.
Ihr kennt es sicherlich aus eigener Erfahrung: Hinter einem perfekt formulierten Anschreiben steckt viel Arbeit und Mühe. Ohne das Anschreiben ist die Bewerbung deutlich schneller fertig. Der Lebenslauf ist meist aktuell, zumindest wenn man in einer aktiven Bewerbungsphase steckt. Einfach die E-Mail-Adresse der Personalabteilung des Unternehmens raussuchen und die Unterlagen abschicken. Fertig!
Beispiel Deutsche Bahn
Dieser Grund scheint auch hinter der Entscheidung der Deutschen Bahn zu stecken. Allerdings gilt die Bewerbung ohne Anschreiben bisher nur für Auszubildende. Die Deutsche Bahn will sich auf diese Weise als Arbeitgeber für Azubis attraktiver machen, indem die Bewerbungshürde herabgesetzt wird. Die Motivation der Auszubildenden wird demnach erst später im Bewerbungsprozess in einem Gespräch erfragt. Spätestens dann sollten die Azubi-Anwärter eine überzeugende Antwort parat haben.
Beispiel Henkel
Ähnlich gestaltet das auch Henkel: Der DAX-30-Konzern setzt nach One-Click-Bewerbungen, bei denen in erster Linie die Daten des Lebenslaufs übermittelt werden, auf persönliche Telefongespräche. In diesen werden dann Fragen u.a. zur Motivation, Stärken und Schwächen gestellt, die auch ein gutes Anschreiben beantworten würde. Inhaltlich werden die gleichen Punkte abgefragt, nur die Art und der Zeitpunkt verschieben sich.
Fazit
Im Bewerbungsprozess ist es zwar möglich, auf das Anschreiben zu verzichten. Die Inhalte müssen dann aber an anderer Stelle oder in einem anderen Rahmen abgefragt werden. Denn das klassische Anschreiben beinhaltet zu viele wichtige Informationen die für den Bewerbungsprozess entscheidend sind. Speziell für Positionen, bei denen Kreativität oder das Schreiben von Texten zum Berufsalltag gehört, wird man schwer auf ein Anschreiben verzichten können. Selbst wenn der Inhalt erstmal zweitrangig ist, geben der Schreibstil und Formulierungen Einblicke über die Person hinter der Bewerbung. Das Anschreiben wird also auch zukünftig notwendig sein, wenn auch nicht immer in der klassischen Form.
Ob es wirklich vorteilhaft ist, den Azubi-Bewerbern das Anschreiben zu ersparen, wird sich im Fall der Deutschen Bahn bald zeigen. Generell ist der Erfolg von der Umsetzung, den internen Strukturen und der Unternehmenskultur abhängig. Wir verfolgen diesen Trend weiter und sind auf die nächsten Entwicklungen gespannt!