IT & Technik

Arbeitsplätze am IT-Standort Jena

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Geschrieben von Reinhard Hoffmann

Bei der Beurteilung der Zukunftsfähigkeit einer Stadt oder Region bietet die Anzahl der Beschäftigten in der IKT (Informations- und Kommunikationstechnik)-Industrie einen sehr guten Anhaltspunkt.

Für uns ist der Begriff IKT-Industrie allerdings zu unspezifisch. Beinhaltet das beispielsweise auch die Verkaufsstellen für mobile Endgeräte in der Jenaer Innenstadt? Da die Grenzen recht fließend sein können, möchten wir das Feld an dieser Stelle ein bisschen strukturieren.

Uns interessieren hier die IT-Bereiche Softwareentwicklung, OmniCommerce/ E-Commerce oder Internetbusiness besonders. Warum die Zahl der Beschäftigten an einem Standort dieser Branche von Interesse ist, lässt sich beispielsweise so begründen:

Hat ein Bewerber seinen Traumarbeitsplatz an einem neuen Standort gefunden, zieht dies meist auch für das private Umfeld einige Änderungen mit sich. Der Lebensmittelpunkt wird in die neue Stadt verlagert. Die Kinder müssen die Schulen/ Kitas wechseln, die Karriere des Partners sowie der eigene Freundeskreis sind betroffen. Um solche Schwierigkeiten zu minimieren ist es von Vorteil, wenn an diesem Standort mehrere potenzielle Arbeitsgeber etabliert sind. So muss bei einem erneuten Arbeitsplatzwechsel nicht gleich die Region verlassen werden. Um euch ein wenig Sicherheit in diesem Punkt zu geben, haben wir uns diesem Thema gewidmet und stellen euch unsere Informationen für den Standort Jena im Detail vor:

Vorgehensweise

Doch woher bekommt man Zahlen zu den Arbeitsplätzen der verschiedenen Bereiche? Schwierig – von der IHK beispielsweise gibt es keine Erhebung darüber. Da kann man sich nur selbst auf die Suche begeben. Als Personalberatungsagentur führen wir schon seit mehr als 15 Jahren eine Datenbank mit den IT Firmen in Jena. Diese aktualisieren wir regelmäßig und halten auch nach neuen Firmen Ausschau.

Bevor wir Zahlen nennen ein paar Sätze zur Systematik. In unserer Liste finden sich nur Firmen die ausschließlich oder überwiegend mit Software, Internetdienstleistungen oder Internethandel ihr Geld verdienen.

Deshalb sind die Unternehmen aus der Jenaer HighTech Industrie, bei denen ja auch der Wertschöpfungsanteil von IT und Software immer mehr steigt, hier nicht mitgezählt. Es fehlen also einige Schwergewichte. Ebenfalls fehlen die IT Jobs in der Verwaltung, den 12 Forschungsinstituten, den „normalen“ Industrieunternehmen, Jenas größtem Arbeitgeber – dem Uni Klinikum, den beiden Hochschulen usw. Wir versprechen an dieser Stelle im nächsten Jahr belastbare Zahlen darüber zu präsentieren.

Wie sind wir vorgegangen:

  1. Erstellen einer Datenbank mit allen IT-Firmen in Jena und Zuordnung in plausible Kategorien
  2. Abgleich unserer Daten mit Recherchen auf Xing und LinkedIn
  3. Befragung von Unternehmen über deren Mitarbeiterzahl
  4. Nutzung offizieller Dokumente, wie Quartalsberichte und Angaben auf Firmen-Websites
  5. In wenigen unklaren Fällen: Schätzung anhand der Räumlichkeiten oder alten Zahlen

Fehlerbetrachtung:

Zu wenig gezählt:

Die Angaben auf den Websites und bei Befragungen sind nicht immer auf dem aktuellsten Stand. Da wir uns gerade eher in einer Wachstumsphase befinden, könnten einige zu wenig gezählt worden sein.

Auch uns als echte Kenner Jenas und dessen IT-Welt passiert es immer wieder, dass wir überrascht sind über eine neue Firma. Auch dieses Mal gab es zwei wirkliche Aha-Effekte. Möglich, dass uns auch zwei oder drei andere kleinere Unternehmen durch die Lappen gegangen sind. Deren Mitarbeiter sind dann aber nicht auf sozialen Netzwerken wie Xing und LinkedIn auffindbar.

Nicht berücksichtigt haben wir eine Reihe von Firmen die höchstwahrscheinlich nur Einmannbetriebe sind. Diese finden sich unter der Rubrik Freelancer wieder. Nicht enthalten sind außerdem Firmen, deren Website zwar noch existiert, die aber darauf hindeutet, dass sie nicht mehr aktiv sind.

Zu viel gezählt:

Größe zählt! Deshalb könnte der ein oder andere Firmenlenker der Versuchung erlegen sein, die Beschäftigtenzahlen ein bisschen hochzumogeln und jeden Schülerpraktikanten mitzuzählen. Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering, weil das unprofessionell und am Ende wenig zielführend ist.

Die Auskunft stammt von jemandem der selbst nur schätzen konnte. Kann sein, wir hoffen aber, dass in diesem Falle die Ungenauigkeit nicht größer als 10% ist. Können Sie genau sagen wie viele Mitarbeiter Ihr Unternehmen hat? Ich denke, Sie bekommen das ungefähr hin, besonders wenn die Größe so um die 30 Leute liegt.

Insgesamt dürften sich solche Fehler gegenseitig aufheben, sodass die Abweichung vom richtigen Wert sicher unter 10% liegen dürfte.

Was wurde gezählt:

Generell wurden die Mitarbeiter in Jena der IT- und Online Marketing-relevanten Bereiche gezählt. Bei Firmen mit Hauptsitz in Jena und ohne große Niederlassungen außerhalb Jenas, wurden alle Mitarbeiter gezählt.

Von Unternehmen deren Hauptquartier sich außerhalb Jenas befindet, wurden nur die Mitarbeiter in Jena berücksichtigt.

Firmen mit Fokus auf Software und Internet, die aber auch andere Aktivitäten ohne Internet- oder Software-Bezug verrichten (z. B. Offline Marketing oder Hardwarehandel) sind ein Sonderfall. Bei diesen Unternehmen wurden nur die IT-relevanten Mitarbeiter in Jena einberechnet.

 

Lassen wir die Zahlen sprechen:

1. Standardsoftware-Hersteller

Jenas Softwarelandschaft wird geprägt von den drei großen Herstellern von E-Commerce Standardprodukten. Diese Häufung ist einmalig. Platzhirsch ist nach wie vor Intershop mit deutlich über 300 Mitarbeitern, gefolgt von Salesforce und nicht zu vergessen ePages. Mit Zollsoft gibt es einen Produkthersteller im Bereich Praxissoftware mit 60 Mitarbeitern. Zwei Satelliten von Unternehmen aus dem Bereichen BI und POS Software vervollständigen das Bild.

Insgesamt arbeiten in Jena 622 Menschen bei einem im Bereich Standardsoftware-Hersteller.

2. Große Onlineshop-Betreiber

Wenn der E-Commerce Bereich in Jena so wichtig ist, wäre es verwunderlich wenn es keine Firmen gäbe, die E-Commerce betreiben.

Hier gibt es ebenfalls einen unumstrittenen Anführer, die Büromarkt Böttcher AG mit 450 Mitarbeitern und weiteren Wachstumsplänen. Auf Platz zwei steht Skatedeluxe gefolgt von Medipolis und Racing Planet.

Insgesamt arbeiten 667 Menschen bei den großen E-Commerce Machern Jenas.

3. OmniCommerce – Die Berater, Implementierer, Individualbauer und Dienstleister

In der Diskussion um die Label an den Leistungen ist der Begriff E-Commerce vielen zu eng geworden. Am ehesten fasst der Begriff Omni-Commerce die Vielfalt der Geschäftsvorfälle die in Software abgebildet werden. Wahrscheinlich wird man nie allen mit einer Einordnung in diesen Teil der Liste gerecht, denn IoT, KI, BI etc. spielen gerade bei den Playern im Bereich Implementierung und Digitalisierungsberatung immer stärker in die inhaltliche Ausrichtung hinein. Auch hier ist die Landschaft sehr breit gefächert, ca. 30 Jenaer Firmen gehören für uns zu den Omni-Commerce Dienstleistern:

Die meisten Arbeitsplätze finden sich beim Spitzenreiter dotsource mit 250, der sich damit im Ranking der deutschen Internetagenturen von Platz 38 auf 27 verbessert hat. Die zweitplatzierte Diva-e mit 120 Mitarbeitern in Jena, liegt mit ihrem deutschlandweiten Firmenverbund in diesem Ranking auf Platz 4. Den beiden folgt eine Gruppe aus fünf Unternehmen mit deutlich mehr als 50 Mitarbeitern. Darunter Niederlassungen von namhaften Unternehmen wie T-Systems MMS und Accenture, aber auch Jenaer Urgesteine wie die zuletzt wieder deutlich gewachsene Godyo AG.

Insgesamt arbeiten 974 Experten in diesem Bereich der Jenaer OmniCommerce-Industrie.

4. Online Marketing/Web Design

Da die Kunden im Handel aber auch im B2B Geschäft allesamt online sind, hat sich im Marketing auch jede Menge Budget in diesen Bereich verschoben. Inwieweit können Jenaer Firmen von diesem Trend profitieren? Mit unter dieser Überschrift haben wir die Gestalter von Webpräsenzen summiert. Eine auch deutschlandweit besonders kleinteilige Landschaft, in der uns hoffentlich niemand durchgerutscht ist.

Mit der Finnwaa GmbH gibt es im Bereich Performance Marketing einen der größten unabhängigen deutschen Spezialisten. Hier arbeiten 63 Marketing Experten. Mit 35 Mitarbeitern und mehreren Hunden ist Jenpix eines der Online-Unternehmen das ich offensichtlich schon einige Jahre übersehen habe. Soll nicht wieder vorkommen 😉 . Timespin ist nicht das größte Unternehmen in diesem Bereich, soll aber mit dem Gründungsjahr 1998 als das erfahrenste gewürdigt werden.

Insgesamt arbeiten in Jena mindestens 192 Spezialisten für SEM, SEO, Social Media und Webdesign bei einem Spezialanbieter für diese Themen.

5. Mobile First

Deshalb gibt es auch die Spezialisten für dieses Thema am Standort. TDSoftware und Flyacts sind mit jeweils mehr als 30 Mitarbeitern die größten Unternehmen in Jena. Mit den vier weiteren Spezialanbietern arbeiten mindestens 107 reine Mobile-Spezialisten in Jena.

6. Die Spezialisten

Die Welt ist bunt und braucht Experten. Diese Experten gibt es reichlich in der Jenaer Softwareindustrie. Das reicht von Billing zu BigData und KI, über Sicherheitssoftware, Logistikorganisation, Software Qualitätssicherung, ERP-Lösungen, Betrugserkennung bis hin zu RFID und Gesundheits-Apps. Eine breite Palette von Firmen verbindet Software-Kompetenz mit Spezialwissen in Branchen.

Die größten Unternehmen sind DAKO mit den Bereichen Transportmanagement und Verkehrssicherheit sowie Eset als weltweit agierender Anbieter von IT Sicherheitslösungen mit jeweils etwa 100 Mitarbeitern. Über je 50 Mitarbeiter verzeichnen die Varys, eine Stadtwerketochter im Bereich digitaler Energieabrechnung und die Xceptance, der Spezialist für Software QA und ORISA, die sich kümmern, wenn Konfiguration wirklich komplex wird.

In den 26 Firmen die wir unter diesem Label eingeordnet haben arbeiten in Summe 701 Menschen.

7. Freelancer

Diese Gruppe ist am schwersten in Zahlen zu fassen. Dabei wäre zuerst zu klären, ob wir ausschließlich Freelancer zählen, die aktuell ihren Einsatzort in Jena haben, oder auch jene, die in Jena leben und auswärts arbeiten. Im Rahmen dieser Zählung macht ersteres Sinn, weil ja auch die Mitarbeiter der hier gezählten 100 IT Firmen in verschiedenen Orten wohnen können.

Wir selbst arbeiten für den Standort Jena regelmäßig mit 15 Freelancern zusammen. Allein an deren verschiedenen Einsatzorten findet man oft die doppelte Anzahl an weiteren Freiberuflern im Einsatz. Besonders im Bereich Web Design, aber auch in zahlreichen Spezialgebieten wie Bildverarbeitung, QA, hardwarenahe Programmierung oder SAP findet man weitere freiberuflich tätige Experten.

Deshalb ist es sehr vorsichtig, wenn wir die Zahl der in Jena tätigen IT/ Software Freelancer auf mindestens 75 schätzen.

Fazit

Laut unserer Schätzung arbeiten in Jena insgesamt mindestens 3338 Menschen in Unternehmen die sich hauptsächlich oder ausschließlich mit den Themen Softwareentwicklung, OmniCommerce/ E-Commerce oder Internetbusiness beschäftigen. Dies entspricht bei einer Beschäftigtenzahl von ca. 68 000 Menschen in Jena (Quelle: JenaWirtschaft.de, Jan. 2018) 4,8% der Beschäftigten. Wäre unsere Branche in einer Firma zusammengefasst, wäre sie nach dem Universitätsklinikum und der FSU der drittgrößte Arbeitgeber der Stadt.

Seit der ersten Zählung im Jahr 2003 mit rund 650 Arbeitnehmern in der Branche hat sich die Zahl der Beschäftigten, auch in Krisenzeiten, kontinuierlich erhöht und sich bis 2018 verfünffacht. Mit etwa 100 Unternehmen, von denen die vier kleinsten 3 Mitarbeiter und das größte 343 Mitarbeiter zählt ist die Branche sehr breit und damit stabil und krisenfest aufgestellt – eine Erfolgsgeschichte, die sicher noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen ist. Ein wichtiger Softwarestandort ist Jena damit allemal und bietet für den IT Experten, für den die Alternativlosigkeit keine Option ist, eine Vielzahl von Karrierechancen.

Über den Autor

Reinhard Hoffmann

Mit einem Lebenslauf, wie er nicht im Buche steht, und der eigenen Erfahrung, nach dem Zweitstudium eine längere Bewerbungsphase durchgestanden zu haben, ist Reinhard nicht der Standard-Personaler. Typische Fragen, Zweifel und Unsicherheiten eines Bewerbers kennt er gut und sieht seine Mission darin, zu berichten, worum es bei der Personalarbeit tatsächlich geht. Uns steht die Tür zum Chefbüro immer offen, mit Rat und Tat unterstützt uns Reinhard nicht nur bei der Bewerbersuche.