Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Die fünf größten Irrtümer zum Thema Krankschreibung

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Geschrieben von Dana Lipka

Derzeit herrschen sommerlich warme Temperaturen in Deutschland und alle genießen die Sonne. Die Grippe- und Erkältungszeit ist noch weit weg und über Krankheit und Unwohlsein mag sich keiner so richtig Gedanken machen zu wollen.
Trotzdem kann es natürlich auch im Sommer zu Krankheiten und Unfällen und damit zu einer Arbeitsunfähigkeit kommen. Also riskieren wir mal einen Blick auf das Thema und räumen mit den fünf wohl hartnäckigsten Irrtümern auf:

1. Wann muss ich mich beim Arbeitgeber krank melden?

Der Virus hat voll zugeschlagen. Am liebsten würde ich im Bett bleiben und mich nicht bewegen. Aber ich rappele mich auf und schleppe mich zum Arzt. Der Arbeitgeber braucht schließlich eine Bescheinigung über meine Krankheit. Ist das wirklich notwendig?

Erst einmal ist jeder Arbeitnehmer gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) verpflichtet sich unverzüglich, das heißt, vor Arbeitsbeginn beim Arbeitgeber krank zu melden. Dazu reicht es in der Regel aus, sich persönlich oder durch einen Vertreter (Angehöriger oder Kollege) telefonisch oder per SMS zu melden. Wichtig ist, dass die Krankmeldung den Arbeitgeber beziehungsweise eine Person erreicht, die zur Vertretung des Arbeitgebers berechtigt ist.

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss vorgelegt werden, wenn die Erkrankung länger als drei Tage andauert (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG).
Der Arbeitgeber kann jedoch verlangen, dass der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, die auf den ersten Tag der Erkrankung ausgestellt ist. In diesem Fall kommt man um einen Arztbesuch nicht herum.

Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber die Diagnose mitzuteilen.

2. Muss ich für meinen Chef erreichbar sein?

Nein. Während der Krankschreibung soll man sich auskurieren und ausruhen. Aus diesem Grund ist man auch nicht verpflichtet für seinen Chef oder die Kollegen per Telefon oder E-Mail erreichbar zu sein.

3. Darf man trotz Krankschreibung gekündigt werden?

Grundsätzlich gilt, eine Krankschreibung schützt nicht vor einer Entlassung. Wenn die Kündigung form- und fristgerecht zugestellt wurde, ist sie auch wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis.
Auch die Krankheit selbst kann ein Kündigungsgrund darstellen. Dabei müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.

Negative Gesundheitsprognose

Eine negative Gesundheitsprognose ist dann zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung damit zu rechnen ist, dass der Arbeitnehmer auch weiterhin wegen Krankheit nicht arbeitsfähig ist. In der Regel ist das der Fall, wenn der Arbeitnehmer in den letzten drei Jahren jeweils mindestens sechs Wochen krankheitsbedingt nicht gearbeitet hat und nicht zu erwarten ist, dass sich sein Zustand in Zukunft bessert.

 

Interessenabwägung

In einem weiteren Schritt müssen dann die Interessen des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit den Interessen des erkrankten Arbeitnehmers abgewogen werden. Dabei spielen insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers oder das Vorliegen einer Behinderung eine Rolle. Einer Kündigung kann aber auch entgegenstehen, wenn ein Betriebsunfall die Ursache der langen Erkrankung gewesen ist. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist in der Praxis sehr schwer durchsetzbar, zumal nach sechs Wochen die Pflicht zur Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und damit auch die finanzielle Belastung wegfällt.

4. Darf man trotz Krankschreibung ausgehen oder gar reisen?

Hier kommt sie wieder, die typische Juristenantwort: „Es kommt darauf an!!!“
Gestattet ist, was den Heilungsprozess fördert.

Mitunter können lange Spaziergänge, Sport oder ein Aufenthalt am Meer oder im Gebirge gerade auch bei psychischen Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen bei der Genesung hilfreich sein.

Um ganz sicher zu gehen in solchen Fällen Ärger mit dem Arbeitgeber zu vermeiden, sollte man sich vom Arzt attestieren lassen, dass derartige Aktivitäten dem Genesungsprozess aus medizinischer Sicht nicht entgegenstehen.

5. Ist Arbeiten trotz Krankschreibung erlaubt?

Ihr kennt das bestimmt auch. Der Termin für das nächste Roll out der Softwareversion 3.xx steht kurz bevor oder die Aktenberge stapeln sich auf dem Schreibtisch. Jetzt krank zu Hause zu liegen geht eigentlich gar nicht. Also eine Ibu eingeworfen und mit Taschentüchern und Nasenspray bewaffnet schleppt man sich ins Büro obwohl der Arzt einen für den Rest der Woche mittels Krankenschein ins Bett befohlen hat.

Mal ganz abgesehen davon ob man sich selbst oder den Kollegen damit einen Gefallen tut, stellt sich die Frage, ob das überhaupt erlaubt ist.

Grundsätzlich gilt auch hier: der Arbeitnehmer entscheidet selbst, ob er sich fit genug fühlt, arbeiten zu gehen oder nicht. Der vom Arzt ausgestellte Krankenschein stellt fest, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Arztbesuches nicht arbeitsfähig ist. Außerdem gibt der Arzt eine Prognose ab, wie lange die Arbeitsunfähigkeit anhalten wird. Sollte sich der Arbeitnehmer früher als angegeben wieder fit fühlen zu arbeiten, kann er dies tun. Eine Gesundschreibung durch den Arzt gibt es nicht.

Es hält sich auch hartnäckig das Gerücht, man sei nicht unfallversichert, wenn man trotz Krankschreibung arbeiten geht. Aber auch das stimmt so nicht. Arbeiten trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat in der Regel keinen Einfluss auf die Versicherungsleistungen der Unfall- oder Krankenversicherung. Einzige Ausnahme: Kommt es während des vorzeitigen Arbeitsbeginns wegen der ursprünglichen Erkrankung zu einem Unfall, kann dies zu Streit mit der Unfallversicherung führen.

Sollte die Arbeitsunfähigkeit bereits länger als sechs Wochen andauern und der Arbeitnehmer nimmt seine Tätigkeit vorzeitig auf, ist dies der Krankenversicherung zu melden, da zum Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme der Anspruch auf Krankengeld entfällt. Zuviel gezahlte Leistungen sind gegebenenfalls zurück zu zahlen.

Anmerk. d. Autorin: Dieser Beitrag gibt die rechtliche Situation nur allgemein und verkürzt wieder. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt die individuelle Beratung im konkreten Einzelfall nicht. Jegliche Haftung wird trotz sorgfältiger Bearbeitung ausgeschlossen.

Über den Autor

Dana Lipka

Dana zählt zum Urgestein unseres Unternehmens und ist seit 2005 zuständig für alles rund um das Thema Recht bei uns. Als Wirtschaftsjuristin informiert sie auf dem Blog in der Kategorie Arbeitsrecht regelmäßig über Gesetzesgrundlagen, kuriose Rechtsfälle und wissenswerte Neuerungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ihre Fähigkeiten als Blogautorin stellt Dana auch auf ihrem privaten (Koch)Blog immer wieder gern unter Beweis.